Deutschland investiert 100 Millionen Euro in palästinensische Projekte in umstrittenem Gebiet
RAMALLAH, 21.09.2021 (TPS) – Deutschland hat ein Abkommen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde abgeschlossen, das vorsieht, 100 Millionen Euro in Projekte im umstrittenen C-Gebiet zu investieren. Das biblische Judäa und Samaria ist in drei Gebiete aufgeteilt, von denen das C-Gebiet zivilrechtlich und militärisch von Israel verwaltet wird. Politisch werden die Bewohner von jüdischen Siedlungen Israel zugeordnet und Palästinenser der Regierung in Ramallah. Für Israel gilt die Region als überlebenswichtiger Sicherheitspuffer. Nach dem Osloer Abkommen hat der jüdische Staat dort die Hoheitsrechte. Allerdings sah das Abkommen auch vor, die Verwaltungsrechte nach und nach an die palästinensische Führung zu übertragen. Da dieser Schritt nie vollzogen wurde, versucht Ramallah wenn schon nicht rechtlich so wenigstens de-facto die Kontrolle über das Gebiet zu gewinnen.
Streit um die Infrastruktur vor Ort
Das C-Gebiet bereitet nicht wenigen Experten Kopfzerbrechen – für Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern stellt es eine besonders hohe Hürde dar. Auf Grund und Boden läuft ein Wettstreit zwischen den ansässigen Israelis und der Autonomiebehörde. Keine Ausgabe ist zu hoch, wenn es darum geht, in die lokale Infrastruktur zu investieren. Jetzt hat sich aber eine weitere Partei mit ihrem Geld hinter einen der beiden Wettstreiter gestellt: Deutschland will palästinensische Projekte in der Zone stärken. Das ist Teil einer größeren europäischen Initiative, Hilfsgelder spezifisch in der umstrittenen Region zu investieren. Das schließt auch viele Bauten mit ein, die keine Genehmigung von Israel erhalten haben, und deren Errichtung damit gegen das internationale Recht verstößt.
Deutscher Vertreter lobt enge Beziehungen zwischen Ramallah und Berlin
Der deutsche Vertreter bei der Autonomiebehörde, Oliver Owcza, lässt dieses Thema jedoch ausgeklammert. Er lobte „die historischen und bilateralen Beziehungen zwischen Palästina und Deutschland“ und bekräftigte die Unterstützung seines Landes für „eine verhandelte Zweistaatenlösung, die Abhaltung von Wahlen in Palästina und die Achtung der Menschenrechte und öffentlichen Freiheiten“. Die israelische Organisation Regavim, die illegale Bauten in dem Gebiet dokumentiert, sieht das anders: „Nach internationalem Recht, nach dem Osloer Abkommen, nach israelischem Recht – egal wie man es dreht, die EU finanziert illegale Aktivitäten, die Rechtsstaatlichkeit und die israelische Souveränität untergraben und das Gebiet auf Kollisionskurs führen. So wird die Bühne für Konflikte statt Kompromisse und Verhandlungen bereitet“, hieß es in einer Erklärung. Die Palästinenser halten dem entgegen, dass noch bis vor kurzem nur ein sehr geringer Anteil der eingereichten Projekte genehmigt wurde. Regavim sieht die Bauten jedoch als Teil eines Plans, einen palästinensischen de-facto Staat zu errichten. Diesen Plan habe der ehemalige Palästinenserpremier Salaam Fayyad bereits im Jahr 2009 dem Kabinett in Ramallah vorgelegt.
Auch die jüdischen Räte in Judäa und Samaria haben ihre Empörung über den jüngsten Schritt Deutschlands zum Ausdruck gebracht. Der Leiter des Regionalrats von Benyamin, Yisrael Ganz, erklärte dass „die israelische Regierung die arabische Besetzung von Judäa und Samaria, die in alarmierendem Tempo voranschreitet, missachtet hat und auch heute noch missachtet. Deutschland steckt tief in den Bemühungen und es wird langsam zu spät.“ Premierminister Naftali Bennett geriet in die Kritik, weil er sein Versprechen nicht halte, illegale Bauten der EU abreißen zu lassen.
Andere Kritiker argumentieren, die deutsche Regierung habe offenbar noch immer noch nicht verstanden, dass mehr Geld für die Palästinenser den Konflikt nicht entschärfe, sondern ihn befeuere.
Bild: Deutscher Außenminister Heiko Maas und palästinensischer Vertreter bei gemeinsamer Pressekonferenz im März 2018. Quelle: Flash90