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Hunderte hochrangige Iraker fordern Friedensgespräche mit Israel

JERUSALEM / ERBIL, 26.09.2021 (DK) – Seit dem Abzug der USA aus Afghanistan  werden die Karten im Nahen Osten wieder neu gemischt. Vor allem ein Land fürchtet dasselbe Schicksal wie Kabul nach der Übernahme durch die Taliban zu erleiden: Im Irak macht sich der Islamische Staat wieder stark. Das Land ist indes auf die Hilfe der Amerikaner angewiesen. Manche Politiker und einflussreiche Personen wollen nun umdenken und gehen auf Partnersuche. Ihr Blick richtet sich dabei auf Israel. Bei einer Konferenz in Erbil, organisiert von einer amerikanischen Friedensorganisation, haben über 300 hochrangige Irakis den Beitritt ihres Landes zum Abraham-Abkommen gefordert. Nicht allein die Beziehungen zum jüdischen Staat sollen normalisiert werden, sondern auch den Kontakt zu den vertriebenen arabischen Juden aus der Region wollen die Aktivisten wieder aufnehmen. 

Beziehungen zu Israel standen noch bis vor wenigen Jahren unter Todesstrafe 

Offiziell befinden sich der Irak und Israel im Kriegszustand. Eine Normalisierung mit Israel zu befürworten steht sogar gesetzlich unter Strafe. Jahrzehntelang stand die Verbindung mit „zionistischen Organisationen“ oder die Förderung „zionistischer Werte“ unter Todesstrafe. Inzwischen ist die Höchststrafe auf eine lebenslange Haft reduziert worden. Bis noch vor kurzem schien eine Annäherung demnach in weiter Ferne. Obwohl konkrete Schritte in diese Richtung noch immer nicht in Reichweite sind, ist das Tabu der Anerkennung Israels in der Region mit dem Abraham-Abkommen gebrochen worden. Aus den diplomatischen Beziehungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Marokko und Sudan entwickeln sich allmählich Partnerschaften mit nicht unerheblichen wirtschaftlichen Vorteilen. 

Die palästinensische Führung hat Normalisierungsabkommen aufs Schärfste verurteilt. Sie sieht durch die Friedensverträge ihr eigenes Nationalprojekt gefährdet. Die irakische Kultur-Beauftragte Sahar al-Tai nahm in ihrer Rede direkt Bezug auf die palästinensischen Befürchtungen. „Das Friedensprojekt, das wir anstreben, widerspricht nicht den Interessen des palästinensischen Volkes. Im Gegenteil, wir sehen Frieden als den besten und einzigen Weg, das palästinensische Volk beim Aufbau staatlicher Institutionen zu befähigen und zukünftigen Generationen bessere Chancen zu bieten“, sagte al-Tai. „Israel ist heute, wie Sie wissen, ein starkes Land und ein untrennbarer Teil der Welt und der Vereinten Nationen.  Der Irak kann diese Tatsache nicht ignorieren und isoliert von der Welt leben“, fügte sie hinzu.

Irakische Bevölkerung fürchtet Übernahme durch Islamischen Staat 

Im Irak ist es dieses Jahr bereits zu mehreren schweren Anschlägen der Terrororganisation Islamischer Staat gekommen. Es sind blutige Szenen. Bei einem Attentat im Juli auf dem Wahailat-Markt in Bagdad, als viele Familien Einkäufe für das muslimische Opferfest erledigten, starben 30 Menschen. Von Osten sieht sich das Land zunehmend durch die Revolutionsgarden Teherans bedroht. Erst Anfang diesen Monats griff der Iran Irakisch-Kurdistan mit Drohnen und Kampfflugzeugen an. Eine Allianz mit Israel zu schmieden könnte demnach im Sinne der Bevölkerung liegen, die sich zunehmend von innen und außen bedroht sieht. 

Bild: Sicht auf Baghdad, die Hauptstadt Iraks. Quelle: Robert Smith/Wikimedia Commons

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