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Israels Regierung offen für “gutes” Atomabkommen

JERUSALEM, 29.12.2021 (DK) – Israel hat mit seiner Kritik an dem Atomabkommen mit dem Iran noch nie hinterm Berg gehalten. In einem offensichtlichen Versuch sich von der Vorgängerregierung abzugrenzen, zeigt Regierungschef Naftali Bennett jetzt jedoch eine vorsichtige Offenheit gegenüber den Verhandlungen. “Wir sind keine automatischen ‘Neinsager’. Unsere Herangehensweise ist pragmatisch”, so Bennett in einer Erklärung. Er sei allerdings skeptisch, dass es zu einem zufriedenstellenden Resultat kommen werde. Seine Stellungnahme kam, nachdem die Verhandlungen in Wien in die achte Runde gingen. Nach Angaben der teilnehmenden Parteien, seien Fortschritte zu verzeichnen. Die Gespräche waren dieses Jahr aufgrund des iranischen Regierungswechsels mehrere Monate auf Eis gelegen. Ebrahim Raisi, das Oberhaupt der islamischen Republik, gilt als ultrakonservativer Hardliner. Unter seiner Führung hat sich der Schattenkrieg mit dem jüdischen Staat weiter fortgesetzt. 

Bennett ruft Irans Vertragspartner zu stärkerem Auftreten auf

Die Iraner haben sich in den wiederaufgenommenen Verhandlungen nach der Auflösung des Atomabkommens im Jahr 2018 überraschend stur gezeigt. Die Vereinigten Staaten zogen sich damals unter der Führung von Präsident Donald Trump aus dem Abkommen zurück. Unter anderem die von den USA verhängten Ölsanktionen stürzten das Land in eine tiefe Wirtschaftskrise. Dennoch scheint Teheran es mit einer Einigung nicht eilig zu haben. Irans Außenminister Hossein Amirabdollahian mahnte erst kürzlich wieder, dass die unterzeichnenden Parteien guten Willen zeigen müssten, damit ein Vertrag zustande komme. Neben Deutschland handelt es sich bei den Vertragspartnern um die UN-Vetomächte Russland, USA, Großbritannien, Frankreich und China. 

Bennett betonte, dass ein effektives Abkommens durchaus nicht unmöglich sei. Israel plädiert für strengere Einschränkungen hinsichtlich des iranischen Atomprogramms, sowie neue Regelungen für bestehende Raketenarsenale. Der jüdische Staat fürchtet sowohl die Entwicklung einer Atombombe, als auch die Bedrohung eines Beschusses durch iranische Milizen von seinen Nachbarländern. Da diese Punkte jedoch nicht mit in das Abkommen integriert werden, sieht auch Bennett nur geringe Chancen auf die Erzielung der gewünschten Resultate. „Am Ende des Tages kann natürlich ein gutes Abkommen dabei herauskommen – wir kennen die Parameter“, erklärte er. „Aber wird das derzeit mit dieser Dynamik erwartet? Nein, weil eine viel stärkere Position benötigt wird. Der Iran hat sehr schwache Karten, aber die Welt verhält sich, als würde er aus einer Position der Stärke heraus verhandeln.“

Israel ist bereit zu handeln

Verteidigungsminister Benny Gantz hatte im August bekannt gegeben, dass Israel bereit sei, den Iran militärisch anzugreifen. In seiner Mitteilung am Montag schien der Premier diese Drohung neu zu unterstreichen. “Ich bin dafür, wenig zu sprechen und viel zu handeln”, so Bennett. Damit signalisiert der jüdische Staat auch an den Iran, dass er im Falle eines Angriffs mit einer starken Reaktion zu rechnen habe. Teheran hat den Beschuss des Atomreaktors Dimona im Süden Israels bei einer Militärübung vergangene Woche simuliert.

Bennett weist Kritik der Opposition an seiner Iran-Politik zurück

Oppositionsführer und ehemaliger Regierungschef Benjamin Netanjahu warf Bennett vor, seine Iran-Politik zu stark von den USA abhängig zu machen. Netanjahu deutete an, dass Israels Optionen zum Handeln derzeit deutlich eingeschränkt seien. “Es ist eine komplette Lüge”, sagte Bennett auf den Vorwurf hin. „Ich denke, Netanjahu ist der Letzte, der in Sachen Iran Predigten halten kann“. Er erläuterte, dass die Vorgängerregierung “eine sehr schwierige Situation” hinterlassen habe.

Bild: Premierminister Naftali Bennett (mitte) mit Isaak Herzog (links) und Verteidigungsminister Benny Gantz (rechts) bei einer Gedenkzeremonie für gefallene israelische Soldaten. Quelle: Ohad Zwigenberg/POOL

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