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Helden ohne Umhang (34) – Idit Harel-Segal: Die Kindergärtnerin, die ein Kleinkind aus Gaza rettete

von Nadine Haim Gani

JERUSALEM, 25.02.2022 – Eine israelische Kindergärtnerin und Mutter von drei Kindern spendet ihre Niere einem Kind aus Gaza. Im Gegenzug spendet der palästinensische Vater seine Niere einer 25-jährigen Israelin. Die Geschichte einer grenzüberschreitenden Kette der Nächstenliebe und Menschlichkeit.

Idit und ihr Großvater

Die kleine Idit hatte eine wundervolle Beziehung zu ihrem Großvater Meir. Ihrem Opa konnte das Mädchen alles berichten. Sie erzählte ihm Geschichten aus ihrer Schule und dem Freundeskreis und ihr geduldiger Opa lauschte und flocht seiner Enkelin währenddessen hübsche Zöpfe. Die beiden waren sich sehr nahe. Der geliebte Opa wurde für seine Enkelin zum Anker in ihrem späteren Leben.

Mit den Jahren erzählte Opa Meir auch seine Geschichte. Doch waren dies Erzählungen aus einer der dunkelsten Epochen der Menschheit. Meir war in Polen geboren und wurde nach Deutschland deportiert. Der Junge überlebte gleich mehrere Konzentrationslager. Er erzählte seiner Enkelin viele Geschichten aus der damaligen Zeit. Wichtig war dem alten Mann jedoch, seiner Enkelin beizubringen, dass der Mensch zu Größerem im Leben berufen ist. Er lehrte Idit, ein Leben zu leben, das Sinn und Bedeutung hat. Mit diesem Lebensmotto wuchs Idit Harel Segal auf.


Die tierliebe Kindergärtnerin beschließt, etwas Bedeutendes in ihrem Leben zu tun und so das Andenken an ihren geliebten Großvater zu wahren. Foto: Fokus Jerusalem

Als ihr Großvater verstarb, brach für Idit eine Welt zusammen. In ihrer Trauer versuchte sie, sein Andenken und seinen letzten Willen zu verwirklichen. Die damals 49-Jährige suchte nach einem Weg, ihrem Leben eine tiefgreifende Bedeutung zu geben. Im Judentum existiert das Sprichwort „Col Ha’Mezil Nefesh Echad – mezil olam umlooh“ – „Jeder, der ein Seele rettet, rettet eine ganze Welt“. In Idit reifte der Gedanke, eine kleine Welt zu retten.

Die Mutter trifft auf Unverständnis

Nach einigen Monaten des Suchens wurde Idit fündig. Die dreifache Mutter beschloss einem ihrer Mitmenschen das wertvollste Geschenk zu geben, das auf Erden existiert: das Leben. Sie suchte auf verschiedenen Webseiten nach Organisationen, die sich mit Organspenden befassen und traf auf „Matnat Chaim“ – zu deutsch „Lebensgeschenk“. Die gemeinnützige Organisation agiert als Brücke zwischen einer Person, die spenden möchte, und dem Menschen, der eine lebensrettende Organspende braucht. Der Wunsch, eines ihrer Organe zu spenden, verriet Idit niemandem in ihrem Umfeld. Ihre Gedanken und Ängste, Vorfreude und Bedenken behielt sie für sich.

Doch eines Tages stieß Idits Ehemann Yuval zufällig auf Dokumente, die sie für die Organisation „Lebensgeschenk“ ausgefüllt hatte. Yuval war schockiert. Es war für ihn unverständlich, wie eine junge Frau und Mutter aus freien Stücken ein solches Risiko eingehen wollte. Daraufhin sah Idit sich gezwungen, auch den Rest ihrer Familie und ihre Kinder in ihr Vorhaben einzuweihen.

Die Familien standen unter Schock. Doch schon bald wurden aus dem ersten Schock ernst zu nehmende Angstzustände. Idits Vater Israel nahm die Entscheidung seiner Tochter persönlich. Nach all dem Leid, das er erfahren hatte, verstand er nicht, wie seine Tochter eine solche gravierende Entscheidung ohne Rücksprache mit der gesamten Familie fällen konnte. Israel verlor seine Stiefmutter, die zweite Frau seines Adoptivvaters, wegen Nierenversagens. Für ihn war der freie Beschluss, mit nur einer Niere leben zu wollen, wie ein Todesurteil. Er konnte den Wunsch seiner Tochter, ein so wichtiges Organ zu spenden, nicht verkraften und hörte auf, mit ihr zu reden.

Die einzigen, die Idit in ihrem selbstlosem Vorhaben von Anfang an unterstützten, waren ihre drei Kinder. Für sie war ihre Mutter eine Heldin. Ihr Wunsch, Leben zu schenken, war etwas Bedeutendes und stand über allem anderen.

Passender Empfänger gefunden

Nach ein paar angespannten Wochen erhielt Idit endlich den lang erwarteten Anruf von der Organisation „Lebensgeschenk“. Man habe einen passenden Empfänger in der Datenbank gefunden. Ihre Niere würde einem 54-jährigen Mann aus Aschdod eingepflanzt. Der Gedanke, dem 54-Jährige Vater von zwei Kindern das Leben zu retten und ihm die Aussicht auf eine glückliche Zukunft zu schenken, erfüllte die angespannte Idit. Sie konnte es kaum erwarten, das Vermächtnis ihres geliebten Großvaters umzusetzen.

Ein paar Wochen später kam der ernüchternde Rückruf: Die Ärzte teilten mit, dass Idits Organ doch nicht passe. Aus medizinischen Gründen könne die Transplantation nicht stattfinden. Idit bat die Organisation, weiter nach einer passenden Person zu suchen. Nach einer Weile fand „Lebensgeschenk“ diesen besonderen Menschen. Dieses Mal ging es um ein dreijähriges Kind. Ohne die dringend benötigte Spenderniere würde der kleine Junge nicht überleben. Idit war glücklich. Als Kindergärtnerin hätte sie sich keinen besseren Empfänger aussuchen können. Doch befand sich das Kleinkind außerhalb der Grenzen Israels. Der kleine Mohamed (Name aus Sicherheitsgründen geändert), kam aus Shejaiya im Gazastreifen.

Terroranschlag in Jerusalem

Die Organisation „Lebensgeschenk“ bat Idit eindringlich, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. Eine Vertreterin der Organisation legte ihr ans Herz, mit ihrer Familie Rücksprache zu halten. Idit stimmte zu. Im Geheimen wusste sie, dass ihr Wunsch, das Leben eines Kindes aus Gaza zu retten, ihrer Familie und hinterbliebenen Familien in Israel großen Schmerz zufügen könnte. Idit hatte die traurige Geschichte ihrer eigenen Familie vor Augen. Das Ausmaß konnte Idit jedoch nur erahnen.

Idits Vater Israel war in einer Adoptivfamilie aufgewachsen. Im Alter von nur einem Jahr wurde Israel zum Waisenkind. Seine beiden Eltern verlor das Baby bei einem grausamen Terroranschlag 1948 in Jerusalem. Der 22. Februar 1948 läutete eine Reihe blutiger Terrorattacken in der jüdischen Hauptstadt ein. In den frühen Morgenstunden zündeten zwei desertierte britische Soldaten unter der Leitung des palästinensischen Terroristen Azmi D. drei mit Dynamit bepackte britische Armeefahrzeuge. Das Atlantik-Hotel und drei weitere Gebäude zerfielen in Schutt und Asche, 58 jüdische Zivilisten wurden getötet und weitere 140 schwer verletzt. Unter den Toten befanden sich Israels Eltern. Nach diesem Anschlag sollte die belebte Passage im Herzen der Hauptstadt immer wieder zum Ziel radikaler Terroristen werden.


Die Zerstörung nach dem Autobombenanschlag in der Ben-Yehuda-Straße in Jerusalem am 22. Februar 1948 ist immens. Das blutige Attentat wurde von Hadsch Amin al-Husseini-Anhängern organisiert. Hadsch Amin al-Husseini war damals Anführer der „Armee des Heiligen Krieges“. 58 jüdische Zivilisten wurden getötet und weitere 140 schwer verletzt. Foto: Public domain /Wikipedia

Israel fand eine neue liebevolle Familie. Doch auch hier schlug der palästinensische Terror mit blutiger Hand zu: Idits Vater verlor bei einem palästinensischen Selbstmordattentat seinen geliebten Adoptivonkel.

Die Kindergärtnerin war sich bewusst, dass ihr Vater die Botschaft eines Empfängerkindes aus Gaza sehr schlecht aufnehmen würde. Zu viele Schicksalsschläge hatten ihn geprägt. Als Idit letztendlich den Mut fasste und ihrem Vater offenlegte, dass ihre Niere einem palästinensischen Kind eingesetzt werden soll, war er fassungslos. Palästinensische Terroristen waren verantwortlich für das große Leid in seinem Leben, und seine Tochter wollte ausgerechnet einem palästinensischen Kind helfen? Der bestürzte Vater brach den Kontakt zu seiner Tochter ab.

Doch nicht nur ihr Vater war Teil einer Familie, deren Angehörige dem Terror zum Opfer fielen. Idits Gedanken kreisten um ihren kleinen Ozi.

Ein Leben verloren – Ein Leben gerettet

Oz Mendelovic wurde am 23. März 1993 im Kibbuz Yakum geboren. Im Alter von drei Jahren zog die Familie in die Atzman-Segev-Siedlung im Herzen von Galiläa. Der kleine Oz, der von seinem Umfeld Ozi genannt wurde, besuchte den Kindergarten von Idit Harel Segal. Es war Idits erstes Jahr als Kindergärtnerin nach dem erfolgreichem Abschluss ihres Erziehungsstudiums. Die motivierte Kindergärtnerin schloss besonders den kleinen aufgeweckten Ozi in ihr Herz. Ozi war ein ausgesprochen bezaubernder und musikalischer kleiner Junge. Idit verfolgte seien Werdegang, nachdem er bereits ihren Kindergarten verlassen hatte.

Der kleine Oz war ein musikalisches Genie. Im jungen Alter von nur fünf Jahren begann er Orgel zu spielen. Mit zehn Jahren entdeckte Ozi seine Liebe zur Geige. Das hochbegabte Kind nahm an Seminaren für junge Geiger teil und beherrschte komplexe Stücke, die ein unglaublich hohes Niveau erforderten. Als Historik-Liebhaber spielte Oz gerne die Geigenkompositionen von „Schindlers Liste“. Er war Teil des bekannten Kibbuzim-Orchesters und flog für eine Tournee mit seiner Geige nach Deutschland und in die Niederlande.

Ozi war nicht nur ein musikalisches Talent, sondern stach auch durch sportliche Fähigkeiten im Judo und Fußball heraus. Er schloss sich der israelischen Fußballmannschaft Bnei Sachnin an, in der jüdische und arabische Jungen gemeinsam trainieren. Sein Umfeld beschreibt den heranwachsenden Jungen als optimistischen und glücklichen Menschen mit einer außergewöhnlich positiven Einstellung zum Leben.


Der kleine Ozi und sein Vater Ofer. Idit Harel Segal war drei Jahre lang die Kindergärtnerin des süßen kleinen Jungen.
Foto: Mit freundlicher Erlaubnis von Ofer Mendelovic

Ozis Vater Ofer war früher Kompaniechef der bekannten Golani-Kampfeinheit des israelischen Militärs. Daher war es naheliegend, dass der junge Mann in die Fußstapfen seines Vaters treten und in der gleichen Sondereinheit dienen werde. Am 11. März trat Oz in den Dienst der israelischen Armee. Er diente als Maschinengewehrschütze und nahm als vorbildlicher Kämpfer an speziellen militärischen Operationen teil.

Militäroffensive Zuk Eitan

Im Juni 2014 wurden drei religiöse Teenager an einer Bushaltestelle in Gush Etzion von Hamas-Terroristen entführt und ermordet. Gleichzeitig intensivierte sich der Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen auf Israel. Der jüdische Staat sah sich gezwungen, in der breiten Militäroffensive „Zuk Eitan“ gegen den Terror vorzugehen. Die Operation begann offiziell am 8. Juli 2014. Neun Tage später startete eine Bodenoffensive. Ozi und seine Militäreinheit zogen in Gaza ein.

20. Juli 2014, 5:30 Uhr: Mit dem Panzerfahrzeug bewegten sich Ozi und sein Team Richtung Shejaiya. Sie erhielten den Befehl, ein Haus zu stürmen, von dem angenommen wurde, dass es Hamas-Terroristen als Versteck dient. Die Einheit stürmte das Gebäude und durchsuchte jeden Winkel des Hauses. Plötzlich wurden Ozi und seine Soldaten von den benachbarten Häusern unter massiven Beschuss genommen. Die Soldaten positionierten sich an den Fenstern und nahmen das Gefecht mit den Terroristen auf. Während des Schusswechsels drang ein Terrorist in das besetzte Haus ein. Schüsse fielen. Ozi sackte zu Boden. Seine Kameraden schalteten den Terroristen aus, doch für Ozi kam jede Hilfe zu spät. Der 21-jährige Golani-Soldat fiel im Kampf in Shejaiya.


Ozi Mendelovic und sein Vater Ofer. Der Golani-Soldat war 21 Jahre alt, als er am 20. Juli 2014 in Shejaiya von palästinensischen Terroristen getötet wurde. Foto: Mit freundlicher Erlaubnis von Ofer Mendelovic

Das Telefonat

Idit hat große Angst vor dem Telefonat, das ihr bevorstand. Sie wählt die Nummer von Ofer, Ozis Vater. Ofer verstand zunächst nicht, warum ihm die ehemalige Kindergärtnerin seines gefallenen Sohnes intime Details ihrer bevorstehenden Organspende offenlegte. Bis ihm Idit unter Tränen von dem Empfänger ihrer Niere aus Shejaiya berichtet.

Ofer Mendelovic beruhigt die aufgewühlte Kindergärtnerin: „Du wirst das Leben eines Kindes retten. Es ist alles in Ordnung.“ Ofer erzählte in einem Fernsehinterview, dass er nicht alle Palästinenser hasst und niemandem den Tod wünscht. Es handele sich um ein Kind, das Hilfe brauche. Er unterstütze die Entscheidung Idits.

Einen Tag später rief Idit bei der Organisation „Lebensgeschenk“ an und versicherte, dass sich ihre Meinung nicht geändert habe und sie ihre Niere dem kleinen Mohamed spenden möchte.

Ein kleines Stück Paradies

15. Juni 2021, ein Tag vor der Operation. Idit wurde bereits im Belison-Krankenhaus aufgenommen. Letzte Untersuchungen wurden durchgeführt. Doch war nicht nur sie im Belison-Krankenhaus untergebracht. Der Vater des kleinen Mohamed befand sich im Nebenzimmer. Als die Organisation „Lebensgeschenk“ der palästinensischen Familie die Botschaft überbrachte, dass eine Jüdin ihrem kranken Kind ihre Niere spenden werde, beschloss der Palästinenser kurzerhand, seine Niere einer Israelin zu spenden. Ein Kreis der grenzüberschreitenden Nächstenliebe schloss sich.

Mohameds Vater rettete später mit seiner Organspende der 25-Jährigen Tal Ferguson aus Beit Yanai das Leben. Die junge Frau hatte mit 19 Jahren ihre erste Nierentransplantation, doch nahm ihr Körper das Organ nicht an. Normalerweise kann ein Empfänger mit einer Spenderniere 30 und sogar 50 Jahre problemlos leben. Doch bei Tal kam es nach nur sechs Jahren zum Abstoß der Niere. Der palästinensische Vater aus Shejaiya gab ihrem Leben eine zweite Chance.

Als Idit auf dem Krankenhausflur den palästinensischen Vater traf, unterhielten sich die beiden angeregt über verschiedene Internet-Übersetzer. Er sprach kein Hebräisch und Idits Arabisch-Kenntnisse reichten für eine fließende Konversation nicht aus. Nach einer Weile bat Idit, den kleinen Mohamed zu treffen. Sie wollte dem Kind begegnen, dessen Leben sie retten wollte. Der Vater stimmte zu.

Idit hatte bereits vorher einige Geschenke für den kleinen Palästinenser gekauft. Bestückt mit arabischen Kinderbüchern, einem süßen kuscheligen Teddybären und einem arabischen Brief, den sie mit Hilfe ihrer Freunde aufgesetzt hatte, ging sie zu dem Treffen. Idit traf auf einen bezaubernden Dreijährigen. Mohamed war etwas kleiner als gleichaltrige Kinder, da die täglichen Dialyse-Behandlungen sein Wachstum negativ beeinflussten. Müde lag er neben seiner Mutter in seinem Bettchen. Er hatte an diesem Tag bereits eine weitere Behandlung über sich ergehen lassen.

Idit streichelte den kleinen Jungen und sagte ihm liebevoll „Ana ba’Hibak“ – „Ich liebe Dich“. Idit bat seine Mutter, eine Weile mit ihnen im Zimmer verweilen zu dürfen. Sie setzte sich an das Krankenbett des Kleinen, streichelte seine Hand und begann hebräische Schlaflieder zu singen. Beim dritten Gute-Nacht-Lied schlief der Kleine ein. Eine surreale Situation aus einer besseren Welt. Ein kurzer Augenblick, in dem die Menschlichkeit über jeden politischen Konflikt triumphierte. Ein kleines, friedliches Stück Paradies.

Die Operation

Idits Telefon klingelte. Es war ihr Vater. Nach Monaten ohne Kontakt zu ihrer Familie hört sie zum ersten Mal wieder seine Stimme: „Ich bin dein Vater und Du bist meine Tochter. Ich wünsche Dir für heute viel Erfolg!“. Idit brach in Tränen aus. Die schwere Last, die sich über Monate auf den Schultern der 50-Jährigen angesammelt hatte, fiel von ihren Schultern. Voller Hoffnung kam Idit in den Operationssaal.


Idit vor ihrer OP. Nach dem Anruf ihres Vaters konnte die tapfere Kindergärtnerin hoffnungsvoll in den Operationssaal gehen. Foto: Mit freundlicher Erlaubnis von Idit Harel Segal

Die Organverpflanzung glückte. In den ersten beiden Tagen ging es dem kleinen Mohamed gut. Er konnte alleine auf die Toilette gehen und der Keratingehalt in seinem Urin war niedrig. Alles positive Zeichen für eine intakte Nierenfunktion. Doch einige Tage danach wurde das Kind sehr krank. Der geschwächte kleine Körper versuchte die neue Niere abzustoßen. Mohamed wurde auf die Intensivstation verlegt. Die nervenzerreißende Situation war auch für Idit kaum zu ertragen. Zusammen stand sie mit der Mutter des kleinen Mohamed neben dem kleinen Bett, sie weinten gemeinsam.

Doch nach einigen Tagen konnte Mohamed auf die Kinderstation verlegt werden. Er hatte das Schlimmste überstanden. Zu diesem Zeitpunkt benötigte Mohamed nur noch eine Dialysebehandlung pro Woche. Doch war der allgemeine Gesundheitszustand des kleinen Palästinensers sehr gut. Er musizierte, sang und spielte. Wie andere gesunde Kinder in seinem Alter. Nach einigen Wochen verließ die palästinensische Familie das Krankenhaus und damit auch Israel. Sie kehrten nach Gaza zurück, doch versprachen sie Idit, den Kontakt aufrecht zu erhalten.


Das Schneider-Kinderkrankenhaus. Hier erhielt der kleine Mohamed seine Spenderniere und die Hoffnung auf eine gesunde und glückliche Zukunft. Foto: Fokus Jerusalem

Nächstenliebe als Lebensmotto

Idit erholte sich langsam von der OP. Sie kämpft mit schwerer Müdigkeit und manchmal mit starken Schmerzen. Doch trotz des langen Heilungsprozesses und der Beschwerden würde sie den gleichen Schritt jederzeit wieder gehen. In einem Interview mit Fokus Jerusalem erklärte sie, dass einer der wichtigsten Punkte in der Erziehung ihrer eigenen Kinder sowie ihrer Kindergartenkinder ist, seinem Gegenüber sensibel entgegenzutreten, die Gefühle anderer zu verstehen und zu achten. Idit zitierte den Bibelvers: „Liebe deinen Nächsten wie Dich selbst“ und erklärte, dass sie den Kleinen im Kindergarten diesen Vers als Lebensmotto mitgibt. „Das fängt bei den kleinen Dingen an und beginnt in erster Linie bei uns. Ein Kind muss begreifen, dass es seine Eltern, Großeltern und Freunde immer respektvoll zu behandeln hat. Später lernt es auch, dass es seinem Nächsten mit Achtung entgegentreten muss, auch wenn das Gegenüber anders ist: ein Mensch mit Behinderung, eine Person mit anderer Religion. Ich weiß nicht, was in Zukunft davon hängen bleibt, aber ich versuche schon heute die Kleinen zu sensibilisieren.”.

Idit Harel Segal zeigt uns, wie Menschlichkeit und Nächstenliebe über Hass triumphieren. Sie rettete unabhängig von nationaler Zugehörigkeit und Religion ein Menschenleben. Das Schicksal hinderte Idit nicht daran, einem Kind das Leben zu schenken, das aus einem Ort kam, an dem sie ein Eigenes verloren hatte. Für uns ist Idit eine Heldin. Statt einen Umhang zu tragen schenkt sie Leben!

Titelbild: Idit Segal bei ihrem berührenden Interview mit dem Fokus Jerusalem-Team. Foto: Fokus Jerusalem

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