Hunderte jüdische Flüchtlinge aus der Ukraine erreichen Israel – darunter Dutzende Waisenkinder
JERUSALEM, 08.03.2022 (NH) – Angesichts der russischen Invasion befinden sich Hunderttausende Ukrainer auf der Flucht. Die Vereinten Nationen erklärten, es handele sich um die am schnellsten wachsende Flüchtlingskrise seit dem zweiten Weltkrieg. Medienberichten zufolge sind etwa 922.400 Menschen allein nach Polen geflüchtet. Für jüdisch-stämmige Ukrainer gibt es jedoch eine weitere Option: das Heilige Land.
Flucht ins gelobte Land
Im Gegensatz zu anderen Flüchtlingen stehen jüdischen Ukrainern mit ihrer Ankunft in Israel alle Rechte eines Neueinwanderers inklusive finanzieller Unterstützung zu. Israel ist derzeit das einzige Land der Welt, dass ukrainisch-stämmigen Juden bei ihrer Ankunft die Staatsbürgerschaft überreicht und somit die Hoffnung auf ein neues Leben. Deshalb ist zu erwarten, dass Zehntausende ukrainische Juden die Flucht ins gelobte Land ergreifen werden.
Am Sonntagmittag wurden etwa 150 Mitglieder der jüdischen Gemeinde aus der zerbombten Großstadt Schytomyr bei einer feierlichen Zeremonie auf dem Flughafen Ben Gurion begrüßt. Unter dem Empfangskomitee befand sich Premierminister Naftali Bennett und seine Gattin, Finanzminister Avigor Libermann, die Ministerin für Einwanderung und Integration Pnina Tamano Sheta und Innenministerin Ayelet Shaked.
Unter den Einwanderern waren nicht nur Holocaust-Überlebende, die zum dritten Mal in ihrem Leben vertrieben werden, sondern in etwa 60 Kinder, die aus einem Waisenhaus gerettet wurden. Vor allem für die Kinder ist die Flucht nach Israel traumatisch. Das Verständnis, sich in Israel in Sicherheit zu wiegen, mischt sich mit tiefer Trauer über den Verlust der Heimat. Der Rettungsflug wurde von der Organisation „Internationale Gemeinschaft von Christen und Juden“ und der „Jewish Agency“ unterstützt. Die Organisationen betreiben Einwanderungszentren und Notunterkünfte in Polen, Moldawien und Rumänien, um die Flüchtlinge vor ihrem Flug nach Israel zu betreuen.
Israel rechnet mit Zehntausenden Einwanderern
Dies war der Erste von drei Immigrantenflügen, die im Rahmen der Operation „Willow Israel“ in den nächsten Tagen in Israel erwartet werden. Insgesamt landeten am Sonntag etwa 400 Neueinwanderer – Hunderte weitere werden im Laufe der Woche das gelobte Land erreichen.
Israels Innenministerin Ayelet Shaked erklärte bereits vergangene Woche, Israel müsse sich auf Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende Migranten aus der Ukraine und Russland vorbereiten. Shaked bezieht sich auf Angaben des Einwanderungs – und Migrationsministeriums. Demnach sollen sich Tausende Ukrainer an die Jewish Agency gewandt haben, um sich über die Einwanderung in Israel zu informieren.
Visa mit Arbeitserlaubnis für nichtjüdische Flüchtlinge aus der Ukraine
Die Behörde verlautete, seit Beginn der Krise hätten 2.792 Ukrainer Israel erreicht. Davon wurden 129 die Einreise aus ungenannten Gründen verweigert. Flüchtlinge, die nicht unter das Rückkehrrecht fallen und die keine Verwandten ersten Grades in Israel haben, müssen bei ihrer Ankunft eine Kaution in Höhe von ca. 2800 Euro hinterlegen. Politiker nannten die Anforderung „unlogisch und unmenschlich“. Regierungsbeamte müssen nun darüber beraten, ob und wie viele nichtjüdische Flüchtlinge aufgenommen werden sollen. Ein langfristiger Plan, der Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis kombiniert, soll nun Medienberichten zufolge erörtert werden.
Titelbild: Naftali Bennett am Ben Gurion Flughafen. Gemeinsam mit anderen Politikern empfängt er jüdischen Einwanderern auf der Flucht vor dem Krieg in der Ukraine. Ein Rettungsflug der IFCJ (Internationale Gemeinschaft von Christen und Juden) brachte die Flüchtlinge nach Israel. Foto: Hadas Parush / POOL