War der Terroranschlag vor Beer Sheva vermeidbar?
JERUSALEM, 24.03.2022 (MS) – Nach der Beerdigung der Opfer des Terroranschlags fragt man sich in Israel, ob die Sicherheitsdienste mehr hätten tun können. In einem Bericht, der im israelischen Fernsehen erschien, hieß es gestern, Mohammad Ghaleb Abu al-Qi’an sei vom Inlandsgeheimdienst, Shin Bet, beobachtet worden. Der Geheimdienst konnte jedoch keine Anzeichen erkennen, die auf einen Terrorangriff schließen ließen, so der Bericht. Auch schien es den Behörden, Abu al-Qi’an sei vom Extremismus abgerückt.
Bisher scheint es, der Angreifer habe alleine gehandelt, aber zwei seiner Brüder wurden nach dem Anschlag festgenommen. Die Familie bestreitet jegliches Wissen über die Pläne und auch eine erste Untersuchung des Shin Bet scheint darauf hinauszulaufen, dass sich Abu al-Qi’an relativ spontan entschieden hat, seinen Angriff auszuführen.
Wo war die Polizei?
Während der Geheimdienst dafür kritisiert wird, den Anschlag nicht vorausgehen zu haben, wird die Polizei gefragt, warum sie so langsam auf den Anschlag reagiert hat. Der Angriff dauerte insgesamt acht Minuten und es waren schließlich Zivilisten, die den Terroristen neutralisierten.
Als Polizeipräsident Kobi Shabtai am Tatort angelangte, wurde er von Demonstranten beschimpft. Sie warfen ihm vor, zu spät reagiert zu haben und die Kriminalität im Süden Israels nicht ernst zu nehmen.
Shabtai erklärte später vor Reportern, nach dem Notruf an die Polizei habe es nur vier Minuten gedauert, bis Polizisten am Tatort ankamen. Ein anderer Bericht behauptet hingegen, die Polizei habe den Notruf zuerst lediglich als Prügelei aufgefasst und erst vier Minuten später erkannt, dass es sich um einen Terrorangriff handelte. Eine interne Untersuchung der Polizei soll den Hergang nun genau nachvollziehen.
Man kann es nie wissen
Auch die Richter, die den Terroristen 2015 zu vier Jahren Haft verurteilten und das Justizministerium standen unter Kritik. War das Urteil damals zu milde? Hätte Abu al-Qi’an länger im Gefängnis bleiben sollen? Ein Sprecher des Justizministeriums antwortete, dass „es sich damals um einen Präzedenzfall handelte und zu einer der strengsten Verurteilungen für eine Aktion führte, die keine Tat, sondern lediglich Sprache und Absicht beinhaltetete.“
Titelbild: Bürger protestieren am Tatort in Beer Sheva. Sie fordern ein härteres Durchgreifen der Behörden gegen Kriminelle und Terroristen. Olivier Fitoussi/Flash90