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Israels Regierungskoalition ist angeschlagen, aber kämpft weiter

JERUSALEM, 07.04.2022 (MS) – Die Jamina-Partei von Premierminister Bennett steht vor ihrer bisher größten Krise, nachdem Idit Silman ihre Parteifreunde mit ihrem Rücktritt überraschte. Bennett berief gestern eine Krisensitzung ein, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Nach Angaben israelischer Medien war die Stimmung bei diesem Treffen angespannt und einige Abgeordnete beschuldigten Bennett, die Kernprinzipien der Partei zu verraten. Jamina bedeutet „rechts“, aber die Politik der Regierung sei alles andere als das, beschwerten sich Bennetts Parteifreunde.

Bennett versucht jetzt, Stabilität in die Regierung zu bringen, die auseinanderzufallen droht. „Das Wichtigste, womit wir uns derzeit befassen müssen, ist die Stabilität der Fraktion und der Koalition“, sagte Bennett in einer nach dem Treffen veröffentlichten Erklärung. „Ich habe mit allen Parteiführern gesprochen – alle wollen mit dieser Regierung weitermachen. Diese Regierung arbeitet im Interesse der Bürger des Landes.“

Netanjahu übt Druck aus

Berichten zufolge hatte sich Silman am Tag vor ihrem Rücktritt mit Oppositionsführer Benjamin Netanjahu beraten, der ihr einen Ministerposten unter seiner Regierung versprochen hat. Netanjahu gilt als Großmeister des politischen Spiels und da die Regierung Bennetts nun am Abgrund steht, wird er alles versuchen, um sie endgültig herunterzustoßen. Er muss nur noch einen Abgeordneten der Regierungskoalition zum Rücktritt bewegen und die Regierung verfügt nur noch über 59 der 120 Sitze der Knesset, was sie handlungsunfähig machen würde.

Die drei großen Nachrichtensender Israels befragten Bürger gestern Abend nach dem Rücktritt Silmans und alle drei Umfragen zeigten eine Stärkung von Netanjahus Likud-Partei an. Der Likud würde bei Neuwahlen mindestens 35 Sitze in der Knesset erlangen, während Yair Lapids Partei, Yesh Atid, mit mindestens 17 Sitzen die zweitstärkste Partei wäre.

Können Neuwahlen verhindert werden?

Das israelische Volk musste in den zwei Jahren vor Bennetts Aufstieg zum Premierminister vier Wahlen in zwei Jahren über sich ergehen lassen und möchte diese Situation möglichst nicht noch einmal erleben. Andererseits ist eine Regierung, die keine Mehrheit hat, nicht gerade produktiv, sie ist bei jeder Entscheidung auf Stimmen aus der Opposition angewiesen.

Die Abgeordneten der Knesset könnten das Parlament auflösen, brauchen dafür jedoch 61 der 120 Stimmen. Da die Knesset zurzeit im Urlaub ist, könnte solch eine Abstimmung erst in einigen Wochen auf die Agenda kommen.

Es ist auch möglich eine neue Regierung aus der Besetzung der aktuellen Knesset zu bilden. Das wäre die Aufgabe des Likud. Die Partei Netanjahus hat zurzeit 29 Sitze im Parlament, zusammen mit den religiösen Parteien hätte dieser rechte Block 52 Sitze. Das ist nicht genug für eine Mehrheit, aber Benjamin Netanjahu ist immer für eine Überraschung gut.

Titelbild: Premierminister Naftali Bennett gibt sich kämpferisch. Sind die Tage seiner Regierung gezählt? Yonatan Sindel/Flash90

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