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Schabbat-Terror: Vier Terroranschläge binnen 24 Stunden – Israel trauert um die Opfer

JERUSALEM, 29.01.2023 (NH) – Israel hat einen blutigen Schabbat hinter sich, der mit sieben Beerdigungen und fünf Schwerverletzten endete. Am Freitagabend wurden in der Nähe einer Synagoge in Neve Yaakov sieben Zivilisten ermordet und drei weitere schwer verletzt. Am Schabbatmorgen schoss ein 13-jähriger Terrorist neben dem Eingang der David-Stadt in Jerusalem um sich und verletzte zwei Israelis schwer. Nach einem Aufruf der Hamas, umgehend zu “improvisierten Waffen zu greifen, um die Gewaltwelle weiter rollen zu lassen”, wurde über eine weitere Schussattacke an der Almog-Kreuzung neben Jericho und eine versuchte LKW-Attacke an der Tapuach-Kreuzung in Judäa und Samaria berichtet. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu versprach in einer Pressekonferenz am Schabbatende, der palästinensischen Gewaltwelle mit dem Abriss von Terroristenhäusern und der Abschiebung der Familien entgegenzutreten.

Die Opfer des palästinensischen Terrors

Es ist ein Schabbat des Grauens.  Asher Natan wurde nur 14 Jahre alt, als er in der Nähe der “Ateret Avraham”- Synagoge von dem 21-jährigen Terroristen Khairi A. ermordet wurde. Er ist der älteste von acht Kindern und ging nach dem Abendessen aus dem Haus, um Freunde zu treffen. Ashers Onkel hörte die Schüsse und eilte zu Hilfe, doch konnte er nichts mehr für die Opfer tun. Zwischen drei toten Körpern auf der Straße musste er seinen eigenen Neffen identifizieren.

Die unaufhaltsamen Schüsse und Hilfeschreie brachten auch Eli Mizrachi (48) und seine Frau Natalie (45) dazu, den feierlichen Schabbattisch der Familie zu verlassen, um Erste Hilfe zu leisten. Das Paar wurde auf der Straße aus nächster Nähe erschossen. Eli und Natalie hatten sich erst zwei Jahre vorher das Ja-Wort gegeben.

Raphael Ben Elijahu war mit seiner Frau und seinen beiden Kindern Matan und Or auf dem Heimweg nach einem gemeinsamen Familienessen. Raphael entdeckte eine Frau, die auf der Straße stand und schrie, ein Terrorist habe ihren Sohn verletzt. Die Familie war sich sicher, der Terrorist habe inzwischen die Flucht ergriffen und kehrte um, um dem Verletzten zu helfen und einen Krankenwagen zu rufen.

Die Toten des Anschlags in Neve Yaakov: Irina Korolova (59),  Shaul Chai (68), Asher Natan (14), Raphael Ben Elijahu  (56), Ilya Sosansky (26), Eli (48) und seine Frau Nathalie (45) sind fanatischer und ideologischer Hetze zum Opfer gefallen. Foto: Privat

Eilt zu Hilfe und bezahlt mit dem Leben

Als Raphael mit seinem Auto den Tatort erreichte, hielt ein weißes Auto neben dem Familienwagen und schoß auf den 56-jährigen Vater aus nächster Nähe. “Ich fing an zu schreien und Matan sprang schützend vor mich, damit der Terrorist mich nicht verletzen konnte. Er rettete mir das Leben und wurde selbst schwer verletzt”, berichtet die Witwe Tina Ben Elijahu unter Tränen. “Es ist ein Albtraum. Ich und mein Sohn Or können nicht realisieren, was uns passiert ist.” Der 15-jährige Matan schwebt nach Aussagen des Krankenhaussprechers nicht mehr in Lebensgefahr.

Shaul Chai (68) hatte gerade den Schabbattisch verlassen und war auf dem Weg zu seiner Synagoge, als er unterwegs auf den Terroristen traf und ermordet wurde. Auch eine ukrainische Staatsbürgerin, die seit sechs Jahren in Israel als Pflegekraft in einem Altersheim in Neve Yaakov arbeitet, wurde bei dem Angriff getötet. Das letzte identifizierte Opfer war der 26-jährige Ilya Sosansky.

Bei dem Terroristen handelt es sich um einen 21-jährigen Araber aus dem Stadtteil a-Tur in Ostjerusalem. Die Polizei hat bis dato 45 Angehörige des Täters festgenommen. Im Verhör erklärte der Vater des Attentäters, nichts von der Planung des Anschlags gewusst zu haben, bemerkte jedoch: “Gott sei Dank, Gott befahl meinem Sohn, ein Märtyrer zu sein – das ist sein Schicksal.” Das Trauerzelt, das die Familie aufgestellt hatte, wurde abgerissen und das Haus geräumt.

Ein Anschlag folgt dem nächsten

Bei einer weiteren Schussattacke am Samstagmorgen in der Nähe der David-Stadt in Jerusalem verletzte ein 13-jähriger Palästinenser zwei Israelis schwer. Bei einem der Opfer handelte es sich einen 22-jährigen Kommandeur der Fallschirmjägerbrigade. Er wurde zwar schwer verletzt, konnte jedoch das Feuer erwidern und den Terroristen außer Gefecht setzen. Der 13-jährige Attentäter wurde zur Behandlung in ein israelisches Krankenhaus gebracht.

Im Schatten der beiden blutigen Angriffe rief die Hamas unverzüglich zu weiteren Attentaten “mit Schusswaffen sowie improvisierten Waffen” auf. Die mörderische Hetze stieß umgehend auf Resonanz: Am Samstagabend wurde von einem Terroranschlag auf das bekannte italienische Restaurant “Mi Casa” an der Almog-Kreuzung neben Jericho berichtet. Die Waffe des Angreifers habe jedoch eine Ladehemmung gehabt und so wurde Schlimmeres verhindert. Die Täter flüchteten Richtung Jericho. Israelische Sicherheitskräfte fahnden derzeit nach den Verdächtigen. Bei einer weiteren mutmaßlichen Autoattacke an der Tapuach-Kreuzung konnten durch die schnelle Reaktion der Grenzpolizisten weitere Opfer verhindert werden. Der LKW-Fahrer flüchtete und die Suche nach dem Attentäter ist im Gange.

Die Grausamkeit des Anschlages ließ Israels Regierung nach einer stundenlangen Notfallbesprechung rasch reagieren. Das Haus des Terroristen wurde bereits für den Abriss vorbereitet. Fenster und Türen wurden vermauert.Foto: Jamal Awad/Flash90

Beschleunigter Abrissprozess und Waffenlizenzierung

Die jetzige Terrorwelle wurde von israelischen Sicherheitsexperten für den kommenden Ramadan im März erwartet. Die palästinensische Gewalt erinnert an die muslimischen Feiertage im vergangenen Jahr, die 19 Israelis das Leben kostete. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu versprach bei einer Pressekonferenz am Samstagabend, eine “starke, schnelle und gezielte Antwort”. “Wir haben bereits umfangreiche Verhaftungen von Unterstützern des Terrorismus, Kollaborateuren und Anstiftern durchgeführt”, so Netanjahu. Des Weiteren versicherte Israels Regierungschef, “die Häuser von Terroristen in einem beschleunigten Prozess zu zerstören und die Lizenzierung von Waffen für Zivilisten deutlich zu verkürzen.” Noch in der Nacht zum Sonntag versiegelten Polizeikräfte das bereits leer stehende Haus des Terroristen und machten es für den Abriss bereit.

Die israelische Polizei hat die höchste Alarmstufe im Land ausgerufen. Im Gebiet von Jerusalem sind Hunderte von Polizisten und Grenzpolizisten an öffentlichen Plätzen, Einkaufzentren und sogenannten Naht-Vierteln, in welchen jüdische und arabische Gemeinden aneinandergrenzen, im Einsatz. Die Polizei will so die Sicherheit für die Bewohner der Stadt gewährleisten und im Falle eines weiteren terroristischen Vorfalls schnell reagieren.

Titelbild: Familie und Freunde nehmen gestern auf dem Friedhof auf dem Ölberg in Jerusalem von dem 14-jährigen Asher Natan Abschied. Foto: Olivier Fitoussi/Flash90

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