zurück zu Aktuelles

Juden demonstrieren gegen christliche Missionare in Jerusalem

JERUSALEM 29.05.2023 (LS) – Mehrere Dutzend Israelis, vor allem orthodoxe Juden, haben am Sonntagmorgen gegen eine Gruppe von Christen demonstriert, die dazu aufruft, “überall Gemeinschaften von anbetenden Jüngern zu errichten”. Die Teilnehmer der Demonstration behaupteten, es handele ich um eine missionarische Organisation.

Die Demonstranten riefen unter anderem: “Missionare, geht nach Hause”.

Missionierung oder nicht?

Die Veranstaltung, die im Davidson Center in der Nähe der Kotel (Klagemauer) stattfand, trug den Titel “Pfingsten 2023 – Ein globaler Gebetstag für Jerusalem und die Nationen”.

Die Organisatoren erklärten in der Einladung, dass die Veranstaltung “den Beginn eines Jahrzehnts des Gebets, der Evangelisation und der Jüngerschaft markieren und den Startschuss für eine zehnjährige globale Zusammenarbeit zwischen Gläubigen in Israel und den Nationen, Kirchen aller Konfessionen, Missionsorganisationen und Diensten geben wird, die dem Auftrag Jesu nachkommen, dafür zu sorgen, dass alle Welt die Möglichkeit hat, die Gute Nachricht vom Reich Gottes zu hören, die Bibel in ihrer eigenen Sprache zu hören und zu verstehen und bis 2033 mit einer Versammlung von Gläubigen in einem Jüngerschaftskontext verbunden zu sein”.

Dieser und andere auf der Website veröffentlichte Texte veranlassten hochrangige israelische Rabbiner, ihre Anhänger zu Demonstrationen aufzurufen.

Zorn und Diplomatie

Einer der Organisatoren der Demonstration ist Aryeh King, ein stellvertretender Bürgermeister von Jerusalem. Er sagte der Jerusalem Post am Sonntag, dass “diese Organisationen christliche Missionsorganisationen aus Israel und dem Ausland sind, die ihre Absichten nicht verborgen haben”. King sagte weiter, dass diese Christen “diese Veranstaltung an einem Ort abhalten, der nichts mit dem Christentum, sondern mit dem Judentum zu tun hat”.

Er erklärte, ähnliche Veranstaltungen hätten in der Vergangenheit stattgefunden, allerdings hinter verschlossenen Türen und nicht an religiösen Stätten, die nach jüdischem Erbe heilig sind. Die Tatsache, dass diese Veranstaltung neben der Klagemauer abgehalten wurde, die nach jüdischem Verständnis als eine Synagoge zu betrachten ist, war der Hauptgrund für die heftige Reaktion.

King fragte: “Glauben Sie, sie hätten den Juden erlaubt, am Eingang des Vatikans einen Gebetsgottesdienst abzuhalten? Oder in Mekka? Das ist eine Provokation”, erklärte er.

Israels Ministerium für auswärtige Angelegenheiten erklärte hingegen, es “verurteilt jede Verletzung der Religionsfreiheit und des Rechts auf freie Religionsausübung in Jerusalem“.

Auch die  Anti Defamation League (ADL) sprach sich für „Religionsfreiheit“ aus, sagte jedoch nichts über die Missionierungstätigkeit der christlichen Gruppe.

Die stellvertretende Bürgermeisterin von Jerusalem, Fleur Hassan-Nahoum, twitterte, sie verurteile “die heutige Demonstration gegen unsere christlich-zionistischen Freunde, die gekommen sind, um unser Land und unsere ewige Hauptstadt Jerusalem zu unterstützen”.

Misstrauen gegenüber christlichen Absichten

Es gab keine Berichte über körperliche Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Christen. Es kam jedoch zu Auseinandersetzungen zwischen den Demonstranten und der israelischen Polizei, die teilweise auch körperliche Gewalt einsetzte.

Nach zwei Jahrtausenden unter christlicher Herrschaft und Verfolgung zeigen sich einige Israelis nicht besonders erfreut, wenn ihnen Missionare auch in ihr eigenes Land folgen. Einige Demonstranten hielten Schilder hoch mit Aussagen wie: „Wir haben nicht vergessen, dass unser Tempel von Rom zerstört wurde, auch nicht die Inquisition in Spanien und all die Pogrome.“ „Wir sind in unser Land zurückgekehrt und beten an den Überresten des Tempels, der wieder aufgerichtet werden wird“ „Bitte respektieren Sie die Gefühle des jüdischen Volkes und führen Sie Ihre christlichen Zeremonien in Ihren Kirchen durch und nicht hier.“

Das Misstrauen gegenüber angeblichen christlich-zionistischen Freunden und deren Absichten ist unter vielen Juden trotz deutlicher Fortschritte in den jüdisch-christlichen Beziehungen in den letzten Jahrzehnten weiterhin vorhanden.

Titelbild: Rabbi Zvi Yisrael Thau nimmt an einem Protest jüdischer Aktivisten gegen eine Konferenz von Christen vor dem Davidson Center in Jerusalem teil. Foto: Arie Leib Abrams/Flash90

Weitere News aus dem Heiligen Land