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Im Schatten der Justizreformkrise: 4.000 Reservisten in Schlüsselpositionen drohen, Freiwilligendienst niederzulegen

JERUSALEM, 17.07.2023 (NH) – Reservisten sind ein wichtiger Bestandteil der Routineaktivitäten der israelischen Armee. Jetzt haben fast 4.000 aktive Reservesoldaten in Schlüsselpositionen eine Deklaration unterzeichnet, ihren freiwilligen Reservedienst im Militär umgehend niederzulegen. Das bedrohliche Schreiben wurde gestern in den israelischen Medien veröffentlicht. Demnach haben sich inzwischen Reservisten aus Dutzenden Einheiten, darunter Elite-und Sonderkommandos, den Protesten gegen die voranschreitende Justizreform angeschlossen. Eine detaillierte Liste der Reservedienstverweigerer wurde jetzt veröffentlicht.

Dutzende Einheiten treten Protesten bei

Mindestens 200 Piloten, 90 Mitarbeiter des Hauptquartiers, 50 Flugsicherungsangestellte und 40 Drohnenpiloten unterzeichneten Berichten zufolge die Verweigerungs-Deklatarion, Tendenz steigend. Bereits vergangenen Freitag legten mehrere Reservisten der Luftwaffe ihren Freiwilligendienst nach wochenlangen Drohungen nieder und erklärten, ab Sonntag nicht mehr zum Training zu erscheinen. Den Verweigerern der Luftwaffe, kurz IAF, traten vergangene Woche auch 420 Mitglieder der Marine-Eliteeinheit “Shayetet 13” mit einem ähnlichen Verweigerungsschreiben bei.

Gestern weitete sich die Dienstverweigerung auch auf das bekannte Sonderkommando “Sayeret Matkal” aus. 400 Elite-Reservisten drohen mit der Beendigung ihres Freiwilligendienstes. Die beängstigende Verweigerungsliste zieren auch 350 Militärärzte und 950 Soldaten der “Special Operations Division” des militärischen Nachrichtendienstes und Mitglieder verschiedener Cyberwarfare-Einheiten, die in einem öffentlichen Schreiben drohen, ihren Dienst aufgrund der drohenden Änderung des Justizwesens einzustellen.

Israelische IDF-Reservisten protestieren in Ramat Aviv gegen die geplante Justizreform der israelischen Regierung. Foto: Avshalom Sassoni/Flash90

Kein Einsatz auch bei Kriegsszenarien

Doch die erschreckende Verweigerungsliste ist noch viel länger: Laut israelischen Medienberichten wurden ähnliche Verweigerungsbriefe von 350 Reservisten des militärischen Geheimdienstes, 600 Reservesoldaten der Aufklärungseinheit der Fallschirmjägerbrigade, 120 Soldaten im Reservedienst einer Eliteeinheit des Artilleriekorps, über 110 Reservisten der Infanteriebataillone Shimshon und Duvdewan und 80 Soldaten der Eliteeinheit Egoz unterzeichnet.

Im Gegensatz zu den meisten Reservisten des israelischen Militärs trainieren Piloten und Sondereinheiten aufgrund ihrer Schlüsselposition häufiger. Zu den Trainingssimulationen und -Missionen erscheinen die Reservisten freiwillig. Bis dato hätte die Dienstverweigerung der Reservisten keinen Einfluss auf die Einsatzbereitschaft der Soldaten in einer akuten Sicherheitsbredouille gehabt. Jetzt drohen die Kämpfer mit einer massenhaften Verweigerung selbst bei möglichen Kriegsszenarien, sollte die Netanjahu-Regierung ihre Justizreform weiter vorantreiben.

“Unabhängigkeitskrieg gegen Feind von innen”

“Sobald es der Regierung gelingt, ein Gesetz zu verabschieden, das der Vernunft schadet, wird dies ein großer Schritt in Richtung eines großen Schlags für die Demokratie sein und uns in eine Mini-Diktatur verwandeln, der wir nicht tatenlos zusehen können. Ich kann mich nicht freiwillig unter einem Diktator melden”, erklärt am Sonntag ein Reservekämpfer der “Sayeret Matkal”-Einheit. “Wir kämpfen erneut für Israels Unabhängigkeit, diesmal gegen einen inneren Feind. Ich stehe im Dienst des Staates, ich habe geschworen, ihn zu verteidigen und mein Leben zu opfern. Das werde ich nicht mehr tun, selbst wenn es einen Krieg gibt”.

Das Militär hat jetzt erklärt, noch keine Maßnahmen gegen Reservisten zu ergreifen, die nur mit einer Dienstverweigerung drohen. Welche Maßnahmen gegen Reservisten ergriffen werden, die in naher Zukunft tatsächlich nicht zum freiwilligen Dienst erscheinen, ist noch unklar.

Titelbild: Israelische Elite-Reservisten drohen mit der Niederlegung ihres Freiwilligendienstes. Foto: IDF Spokesperson

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