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Abt Nikodemus Schnabel weigert sich, sein Kreuz an der Klagemauer zu bedecken

JERUSALEM 20.07.2023 (LS) – Die Klagemauer, die heiligste Stätte der Juden, ist für alle Besucher offen. Da es sich aber nach jüdischem Verständnis bei der Klagemauer um eine Synagoge handelt, gelten dort Bekleidungsvorschriften. Dazu gehört auch das Ablegen oder die Bedeckung von nichtjüdischen Symbolen.

Als Nikodemus Schnabel, Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem, am gestrigen Mittwoch auf dem Platz vor der Klagemauer erschien, wurde er von einer Angestellten der Klagemauer gebeten, sein großes Kreuz, das er an einer Kette um den Hals trug, unter seiner Kleidung zu verbergen. Der Vorfall wurde auf Video aufgenommen und auf Twitter veröffentlicht.

Die Bitte war höflich formuliert, aber der Abt aus Deutschland warf der Israelin vor, seine Religionsfreiheit zu beschränken.

“Das ist sehr unfreundlich. Sie respektieren meine Religion nicht. Sie hindern mich an meinem Menschenrecht”, so Schnabel. “Das ist keine Provokation, ich bin ein Abt. Das ist meine Kleidung. Das Kreuz ist Teil meiner Kleiderordnung. Ich bin ein römisch-katholischer Abt. Sie wollen, dass ich mich nicht nach meinem Glauben kleide, das ist die Realität.”

Abt Nikodemus Schnabel während des Zwischefalls an der Klagemauer. Foto: Screenshot Twitter
Abt Nikodemus Schnabel während des Zwischenfalls an der Klagemauer. Foto: Screenshot Twitter

Schließlich setzte der Abt seine Tour durch die Altstadt Jerusalems in Begleitung der deutschen Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger fort. Auf Twitter beschwerte er sich später jedoch weiter über den Vorfall und gab die Schuld der rechtsgerichteten Regierung.

Das Kreuz und die Juden

Das Kreuz ist für viele Juden immer noch ein Zeichen der Unterdrückung und des Leids. Nach 2000 Jahren Verfolgung unter dem Kreuz sehen sie die öffentliche Zurschaustellung dieses Symbols weiterhin sehr kritisch.

Später erklärte der Abt auf Twitter, direkt auf dem Gebetsplatz hätte er sein Kreuz nicht heraushängen lassen. Da er sich aber einige Meter entfernt auf dem Vorplatz befand, hätte er sich geweigert.

Die für die Klagemauer zuständige „Western Wall Heritage Foundation“ entschuldigte sich in einer Erklärung “für die entstandenen Schwierigkeiten”. Die Stiftung erklärte jedoch, die Angestellte der Stiftung habe lediglich Unanehmlichkeiten vermeiden wollen.

“Die Platzaufseherin trat heran und fragte höflich, ob das Kreuz bedeckt werden könne, um Unannehmlichkeiten zu vermeiden, wie es kürzlich in der Altstadt geschehen ist, um sowohl den Besucher als auch die Stätte zu respektieren. Nachdem er sich geweigert hatte, wurde sein Zutritt natürlich nicht verhindert und die Platzaufseherin respektierte die Entscheidung und entfernte sich”, heißt es in der Erklärung.

Alles Politik?

Dass das Ereignis auch eine politische Dimension hat, zeigte sich später bei einem Interview mit dem deutschen Domradio, in dem Abt Schnabel sich über die Regierung Israels unter Benjamin Netanjahu beschwerte. Er nannte sie rechtsextrem und erklärte: „Man merkt, dass die derzeitige Regierung nicht nur ignorant gegenüber dem Problem ist, sondern Teil des Problems.“

Er fürchte weiter, die Altstadt Jerusalems werde für Christen zu einer No-Go-Zone und das Klima verändere sich „unter der neuen Regierung immer mehr zum Schlechteren”.

Foto: Blick auf die Dormitio-Abtei in der Jerusalemer Altstadt. Foto: Yonatan Sindel/Flash90

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