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Oberster Gerichtshof verhandelt über Petitionen gegen das neue Gesetz zur Einschränkung der richterlichen Macht

JERUSALEM 01.08.2023 (LS) – Der Oberste Gerichtshof wird zum ersten Mal ein Gremium von 15 Richtern einberufen, um Petitionen gegen das höchst umstrittene Gesetz zu verhandeln, das letzte Woche verabschiedet wurde, um die Kontrolle des Gerichts zu begrenzen.

Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Esther Hayut, gab am Montag eine Erklärung ab. Sie habe beschlossen, dass alle Richter des Gerichts den Vorsitz bei der äußerst wichtigen und brisanten Anhörung gegen das „Angemessenheits“-Gesetz führen werden, das zusammen mit den übrigen Maßnahmen der Netanjahu-Koalition zur Überarbeitung der Justiz eine Protestbewegung gegen die Regierung ausgelöst hat.

Die acht Petitionen, die das Gericht gegen das Gesetz angenommen hat, werden am 12. September verhandelt.

Wie wird das Gericht entscheiden?

Die regierende Likud-Partei reagierte am Montag warnend auf die Ankündigung. In einer Erklärung heißt es, dass die israelischen Regierungen „immer darauf geachtet haben, das Gesetz und die Entscheidungen des Gerichts zu respektieren, und das Gericht hat immer darauf geachtet, die Grundgesetze zu respektieren.“

„Diese beiden Grundsätze bilden die Grundlage der Rechtsstaatlichkeit in Israel und des Gleichgewichts zwischen den Gewalten in jeder Demokratie. Jede Abweichung von einem dieser Prinzipien wird Israels Demokratie ernsthaft schaden“, heißt es in dem Schreiben, das zu „Ruhe, Dialog und Verantwortung“ aufruft.

Das neue Gesetz ist eine Änderung des Grundgesetzes: Es verbietet dem Gericht, Regierungs- und Ministerialentscheidungen nach einem subjektiven Maßstab der „Angemessenheit“ zu überprüfen.

Diese Angemessenheitsbewertung ermöglichte es dem Obersten Gericht in der Vergangenheit, willkürlich in politische Entscheidungen einzugreifen, was auch oft umgesetzt wurde.

Auch wenn kaum ein anderes Gericht in einer Demokratie diese Macht hat, die Politik eines Landes zu bestimmen und bei Israels Gründung solch ein Gesetz auch nicht vorgesehen war, stößt die Reform des Justizwesens auch heftige Widerstände in der israelischen Gesellschaft.

Netanjahu nimmt Stellung

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beantwortete am Montagabend in einem Gespräch mit NBC News Fragen zur Justizreform und zum Widerstand gegen deren Gesetzgebung.

Bezüglich der Bedenken des israelischen Präsidenten Isaac Herzog, es könne zu einem Bürgerkrieg kommen, erklärte Netanjahu: „Es wird keinen Bürgerkrieg geben, das garantiere ich Ihnen. Aber ich denke, dass es wichtig ist, das Ungleichgewicht in der israelischen Demokratie zu korrigieren, in der sich die Justiz im Grunde genommen fast alle Befugnisse der Exekutive und der Legislative angemaßt hat – ich denke, ja, das ist wichtig. Ich denke, wenn sich der Staub gelegt hat, werden die Menschen sehen, dass Israels Demokratie gestärkt und nicht geschwächt wurde.“

Auf die Frage, ob er sich an ein Urteil des Obersten Gerichtshofs halten würde, das die Änderungen des Grundgesetzes für ungültig erklärt, wiederholte der Premierminister noch einmal, der Oberste Gerichtshof befolge normalerweise die Regel, die Grundgesetze, die einer Verfassung am nächsten kommen, zu respektieren. Er hoffe, das werde auch weiterhin aufrechterhalten.

Titelbild: Wie werden Mitglieder des Obersten Gerichts auf ihre eigene Machtbeschränkung reagieren? Foto: Yonatan Sindel/Flash90

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