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Renovierungsstopp: Israelische Gefängnisse stehen vor einer Überfüllungskrise

JERUSALEM, 17.08.2023 (NH) – Die 32 israelischen Gefängnisse befinden sich in einer akuten Krise. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Zahl der Häftlinge weit über dem Soll liegt. Derzeit befinden sich 16.100 Häftlinge in den Gefängnissen. Die maximale Belegungskapazität liegt jedoch bei 14.500 Häftlingen. Kritische Stimmen berichten, dass die Überbelegung zu menschenunwürdigen Bedingungen für die Gefangenen führt. Die israelische Strafvollzugsbehörde hat nun den Stopp von Renovierungsarbeiten und die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Gefängnistrakte angeordnet.

2,8 Milliarden Schekel für Erweiterungen

Bereits 2018 hatte sich der jüdische Staat mit dem Thema Platzmangel beschäftigt. Damals stimmte die israelische Regierung dem Vorschlag des Finanzministeriums und des Justizministeriums zu, die Gefängnisse des Landes zu modernisieren. Mit einem Budget von 2,8 Milliarden Schekel (umgerechnet 672 Millionen Euro) und einem einfachen Zweistufenplan sollte die Erweiterung der Haftkapazitäten umgesetzt werden.

In einem ersten Schritt sollte durch den Bau zusätzlicher Gefängnistrakte und die Erweiterung der bestehenden Hafträume Platz für weitere 4.000 Häftlinge geschaffen werden, mit einer Mindestfläche von 4,5 Metern pro Insasse. In einem zweiten Schritt soll eine Änderung der Strafpolitik, die eine Reduzierung der Verhängung von Freiheitsstrafen beinhaltet, die überfüllten Gefängnisse entlasten. Innerhalb eines Jahrzehnts sollten so 2.000 Häftlinge aus den Gefängnissen des Landes entlassen werden. Doch der Plan ging nicht auf.

Palästinensischer Terror füllt Zellen

Angesichts des akuten Platzmangels hat die Leiterin der israelischen Gefängnisbehörde, Kathy Perry, gestern einen sofortigen Stopp der Renovierungsarbeiten an stillgelegten Gefängnistrakten angeordnet. Sie erklärte, dass die Zahl der Häftlinge im vergangenen Jahr stark angestiegen sei. Dies sei zum einen auf das harte Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte gegen die blutige Gewaltwelle in der arabischen Gemeinschaft zurückzuführen. Zum anderen führten groß angelegte Anti-Terror-Operationen des Militärs in Judäa und Samaria zu zahlreichen Verhaftungen.

Platzmangel ermöglicht Hausarrest

Wegen Platzmangels in den Gefängnissen wurden in den vergangenen Wochen Dutzende Häftlinge in den Hausarrest entlassen. Dies geschah, nachdem der Oberste Gerichtshof von den unmenschlichen Bedingungen erfahren hatte, unter denen Gefangene auf Polizeistationen festgehalten werden. Die Polizeizellen sind nur für einen kurzen Aufenthalt von wenigen Stunden ausgestattet. Die Überbelegung der Gefängnisse führte dazu, dass Verdächtige tagelang in Polizeizellen ohne Toiletten, Duschen, medizinische Versorgung oder warmes Essen festgehalten wurden. Viele Gefangene berichteten, dass sie mehrere Nächte auf dem harten, kalten Betonboden verbringen mussten. Nach Angaben der staatlichen Pflichtverteidiger gibt es Hunderte von Fällen, in denen die Grundrechte der Gefangenen verletzt wurden. Obwohl die Bürgerrechtsvereinigung bereits im August vergangenen Jahres beim Obersten Gerichtshof eine Petition gegen die Inhaftierung in Polizeizellen eingereicht hatte, wurde diese abgelehnt, nachdem die Gefängnisbehörde zugesagt hatte, die Praxis zu beenden.

Es ist jedoch fraglich, ob ein Renovierungsstopp die Situation nachhaltig verbessern wird.

Titelbild: Das Gilboa-Gefängnis ist eine der 32 Haftanstalten im Land. Das israelische  Gefängnissystem ist völlig überlastet. Foto: Avshalom Sassoni/Flash90

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