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Schas-Lebensmittel-Programm schließt Alleinerziehende und Holocaustüberlebende aus

JERUSALEM, 24.08.2023 (NH) – Das Justizministerium hat die Einführung eines Lebensmittelmarkenprogramms der ultraorthodoxen Shas-Partei genehmigt. Demnach sollen kinderreiche Familien mit einem monatlichen Zuschuss von bis zu 2.400 Schekel, umgerechnet 587 Euro, unterstützt werden. Die geplante Grundsicherung schließt jedoch 12.000 Holocaust-Überlebende und Alleinerziehende weitgehend aus. Der Entwurf bevorzugt mittellose ultraorthodoxe Familien auf Kosten anderer.

Grundsicherung – aber nicht für alle

Moshe Arbel, amtierender Innen- und Gesundheitsminister der Shas-Partei, hatte vor einem Monat angekündigt, dass auch andere bedürftige Bevölkerungsgruppen von dem Programm profitieren sollen. Nach Arbels Kriterien, die weitgehend auf den ursprünglichen Richtlinien des abgesetzten Shas-Vorsitzenden Aryeh Deri basieren, bleiben jedoch die meisten Holocaust-Überlebenden sowie Familien mit geringem Einkommen außen vor. Kinder aus armen Familien, die Unterhalts- oder Einkommensunterstützung vom israelischen Sozialamt erhalten, haben nach dem Shas-Programm keinen Anspruch auf die geplante Ernährungsgrundsicherung.

Im Gegensatz zur ultraorthodoxen Bevölkerung erfüllen nur 14 Prozent der Familien mit schwerer Ernährungsunsicherheit die Kriterien des Shas-Programms. Zudem haben von 15.000 bedürftigen Holocaust-Überlebenden nur 3.000 Anspruch auf die Shas-Lebensmittelmarken – und zwar nur diejenigen Überlebenden, die als schwer behindert gelten.

Wertunterschiede zwischen Familien

Kinder alleinerziehender Mütter oder armer berufstätiger Eltern erhalten nur einen Bruchteil der finanziellen Unterstützung. Zum Vergleich: Kinderreiche Familien sollen mit Lebensmittelgutscheinen im Wert von 225 Schekel (55 Euro) pro Kind (bis zu 2.400 Schekel pro Monat) unterstützt werden. Bei Alleinerziehenden oder Familien mit armen erwerbstätigen Eltern haben nur zwei Kinder Anspruch auf die Schas-Marken – hier hat der Lebensmittelgutschein nur einen Wert von 112 Schekel (27 Euro) pro Kind.

Ein weiteres problematisches Kriterium für den Erhalt von Lebensmittelmarken ist eine „Arnona“-Steuerermäßigung von über 70 Prozent. Der hebräische Begriff „Arnona“ bezeichnet einen jährlichen Steuersatz, der an die lokalen Behörden zu entrichten ist. Eine Arnona-Steuerermäßigung wird vor allem ultraorthodoxen Familien gewährt. Auch hier werden die Strenggläubigen deutlich bevorzugt.

Änderung der Förderkriterien

Anfang der Woche hat das Finanzministerium versucht, die diskriminierenden Kriterien für das Lebensmittelmarkenprogramm zu ändern, allerdings mit wenig Erfolg. Die aktualisierte Version droht die Probleme sogar zu verschärfen. Obwohl die Bevorzugung ultraorthodoxer Familien gegenüber anderen bedürftigen Bevölkerungsgruppen auf breite Kritik stieß, wurde das Programm de facto nicht für alle bedürftigen Familien im Land angepasst.

Die Schas-Partei plant nun die Verteilung ihrer Lebensmittelmarken im Wert von 400 Millionen Schekel, umgerechnet fast 98 Millionen Euro, vor den hohen jüdischen Feiertagen im September. Weitere 300 Millionen Schekel (73 Millionen Euro) sollen vor den Feiertagen im Jahr 2024 verteilt werden.

Titelbild: Der ehemalige Chef der Schas-Partei, Aryeh Deri (links), mit Innen- und Gesundheitsminister Moshe Arbel. Deri wurde im Januar als Innenminister abgesetzt, nachdem er wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden war. Foto: Yonatan Sindel/Flash90

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