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Netanjahu warnt vor Uman-Reise: „Gott hat uns in Europa nicht geschützt“

JERUSALEM, 12.09.2023 (NH) – Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu hat am Sonntag jüdische Gläubige vor einer Reise in die ukrainische Pilgerhochburg Uman gewarnt. Das Staatsoberhaupt betonte, die Wallfahrt in das Kriegsland sei zum jetzigen Zeitpunkt gefährlich. Weiter wies Netanjahu das Außenministerium dazu an, die Reisewarnung für die Ukraine zu verschärfen. Doch seine warnenden Worte sorgten in der Koalition schnell für Eklat.

Pilgerfahrt vor Kriegsgefahr

Kurz vor dem jüdischen Jahreswechsel am kommendem Freitag bereiten sich tausende chassidische Juden auf ihre jährliche Pilgerfahrt nach Uman vor. Kriegswarnungen schlagen die Breslav-Anhänger aus. Der traditionelle Besuch am Grab des Rabbiners Nachman von Brazlaw (1772-1810) habe „spirituelle Wichtigkeit“. Der geistliche Führer der jüdisch-chassidischen Bewegung versprach vor seinem Tod, „selbst die schlimmsten Sünden zu vergeben, wenn zu Rosch Ha’Schana an seinem Grab gebetet wird“.

Jetzt hat das Kabinett eine Resolution verabschiedet, in welcher der Minister für Jerusalem und jüdische Tradition, Meir Frosh, zusammen mit dem Außenministerium, die Wallfahrt koordiniert. Ein Aktionsplan soll die Pilger bei ihrer Reise unterstützen und die Aufenthaltsbedingungen erleichtern. Das Konzept wurde nach einem ausführlichen Gespräch zwischen Premierminister Benjamin Netanjahu mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufgestellt. Der ukrainische Staatschef hat klargestellt, es gebe in Uman derzeit nicht genügend Unterkünfte für Einheimische, geschweige denn für Touristen.

Trotz des Hilfsplanes aus den Regierungsreihen warnt Premierminister Netanjahu bei der jüngsten Kabinettssitzung vor einer Reise in das Kriegsland. „Israelische Staatsbürger, die in die Ukraine reisen, sollten zu diesem Zeitpunkt die persönliche Verantwortung für ihre Reise tragen. Die Gefahr muss den Bürgern klar sein“, erklärte Netanjahu. „Gott hat uns in der Vergangenheit nicht auf europäischem Boden beschützt und auch nicht auf ukrainischem Boden.“

Kein göttlicher Schutz in Europa

Das Knessetmitglied Israel Eichler von der Thora-Judentum-Partei nannte Netanjahus Äußerungen „Ignoranz“: „Die Nazis wurden auf dem Weg zur Eroberung des Landes Israel durch Wunder und nicht durch die Zionisten gestoppt. Schämt euch, den Gott Israels für eure Verfehlungen und Verbrechen verantwortlich zu machen“, so Eichler. Die Abgeordnete Tali Gottlieb (Likud) schloss sich der Kritik an Netanjahus Kommentar an: „Es ist verboten, über den Herrn des Universums Rechenschaft abzulegen! Auch Du nicht. Wo Gott war und warum es geschah, ist nicht in deinem Wissen.“

Auch aus den Koalitionsreihen der ultraorthodoxen Shas-Partei hagelte es Rüge für Netanjahus „antizionistische“ Darlegung: „Gott hat das Volk Israel immer in allen Exilanten und bei allen Verfolgungen beschützt, und deshalb ist das Volk Israel das einzige, das Tausende von Jahren überlebt hat, während viele mächtige Nationen untergegangen sind“. Netanjahu fügte später hinzu: „Es muss verstanden werden, dass Zivilisten im Staat Israel bei Raketenbeschuss Luftschutzbunker aufsuchen und es Verteidigungsanlagen gibt – in der Ukraine gibt es weder Schutzräume noch Luftverteidigungssysteme.“

Titelbild: Premierminister Benjamin Netanjahu sorgte mit seiner antizionistischen Aussage für Eklat. Foto: Sraya Diamant/POOL

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