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Historische Anhörung zum Justizreformgesetz vor dem Obersten Gerichtshof

JERUSALEM 13.09.2023 (LS) – Während der Anhörung zum “Angemessenheitsgesetz” am Dienstag sind alle 15 Richter des Gerichts sowie die Anwälte der Befürworter und Gegner des Gesetzes zusammengekommen, um Argumente zu diskutieren, die den Kern des israelischen Grundgesetzes berühren.

Die Spannungen erreichten während der über 13-stündigen Marathonanhörung ihren Höhepunkt, als der Vorsitzende des Ausschusses für Verfassung, Recht und Justiz der Knesset, Simcha Rothman, das Gericht als “Oligarchie” bezeichnete. Die Anhörung selbst spiegele das Versagen des Gerichts wider, den Willen der Öffentlichkeit zu respektieren.

Worum ging es?

Im Mittelpunkt der Debatte standen zwei Fragen: ob der Oberste Gerichtshof das Recht hat, Israels verfassungsähnliche Grundgesetze, einschließlich des Gesetzes über die Angemessenheit, gerichtlich zu überprüfen, und ob die Gesetzgebung (Knesset) die Anforderungen des Gerichts erfüllt, ihre Aufhebung zu rechtfertigen. Die Gesetzesänderung hatte die Macht der Obersten Richter eingeschränkt, die bisher ein Gesetz für ungültig erklären konnten, nur weil es ihnen als „unangemessen“ oder „unvernünftig“ erschien.

Rothman warf dem Gericht vor, es befinde sich in einem Interessenkonflikt. “Können Sie diese Frage beurteilen, ohne Furcht, ohne Voreingenommenheit, ohne Befangenheit, da es sich um Ihre Ehre, Ihr Amt und Ihre Macht handelt?”, fragte er.

Justizminister Yariv Levin gab ebenfalls eine Erklärung ab: „Präsidenten und Richter des Obersten Gerichtshofs waren sich über Generationen hinweg einig – das Volk ist der Souverän, und sein Wille wird in den von der Knesset verabschiedeten Grundgesetzen repräsentiert”, so Levin. “Das Gericht, dessen Richter sich hinter verschlossenen Türen und ohne Protokoll selbst wählen, stellt sich über die Regierung, über die Knesset, über das Volk und über das Gesetz”, fuhr er fort.

Ergebnis der Debatte

Da es sich um eine Anhörung handelte, wurde die Diskussion ohne Ergebnis geschlossen, aber die Frontlinien wurden gezogen. Einerseits argumentierte die Regierung, vor allem durch ihren Repräsentanten Simcha Rothman, dass das Gericht jedes Mal, wenn es sich in der Vergangenheit in die Gesetzgebung und die Entscheidungen der Knesset einmischte, in den Bereich des Regierens eingriff und seine eigene Macht ausweitete. Hätte das Gericht die Gewaltenteilung und die juristischen und akademischen Meinungen der letzten Jahre respektiert, wäre diese Grundgesetzänderung nicht notwendig gewesen, so Rothman

Die Gerichtspräsidentin, Esther Hayut, behauptete hingegen, dass „es tausende von Einzelentscheidungen der Minister gibt, die sich auf das tägliche Leben der Bürger auswirken, und dass diese Bürger nun keine Möglichkeit mehr haben, sich gegen willkürliche Entscheidungen der Minister zu wehren.“

Rothman erwiderte, dass Wahlen der Mechanismus seien, der den Bürgern die Kontrolle über ihre Gesetzgeber gibt.

Das endgültige Ergebnis der Anhörung ist schwer abzuschätzen, und es wird Wochen, wenn nicht Monate dauern, bis das Gericht sein Urteil verkündet.

Titelbild: Der Oberste Gerichtshof besteht fast ausschließlich aus aschkenasischen, säkularen Juden, das Volk Israel jedoch nicht. Foto: Yonatan Sindel/Flash90

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