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Schwere Gefechte rund um den Gazastreifen: Luftangriffe und Raketenbeschuss

JERUSALEM, 01.12.2023 (TM) – Die einwöchige Feuerpause im Gazastreifen ist am frühen Freitag morgen abrupt zu Ende gegangen: Kurz vor 6 Uhr, eine Stunde vor dem offiziellen Ende der Waffenruhe, feuerte die Hamas-Terrororganisation eine Rakete auf Südisrael ab. Eine knappe Stunde später folgte eine weitere. Die israelische Armee schlug mit voller Härte zurück: Kampfflugzeuge bombardierten Stellungen der Hamas, Panzer rückten vor, israelische Soldaten lieferten sich Schusswechsel mit Kämpfern der Dschihadisten. Die antworteten mit massivem Raketenbeschuss.
Am Abend teilte das israelische Militär mit, mehr als 200 Ziele seien angegriffen worden. In einer gemeinsamen Aktion hätten Boden-, Luft- und Seestreitkräfte Tunnel und terroristische Infrastruktur der Hamas zerstört. Am ägyptischen Grenzübergang Rafah wurde die Einfuhr von Hilfs- und Treibstofftransportern in den Gazastreifen gestoppt. Die Menge der über den Grenzübergang Rafah gelieferten Hilfsgüter hatte während der Waffenruhe zugenommen, obwohl sie nach Angaben von Hilfsorganisationen immer noch weit unter dem Bedarf lag.
Kämpfe in Khan Younis
Die israelische Luftwaffe warf über Khan Younis, der zweitgrößten Stadt des Küstenstreifens, Flugblätter in arabischer Sprache ab. Darin wurde die Zivilbevölkerung aufgefordert, die Region zu verlassen. Die Israelis vermuten in der Stadt ein Kommandozentrum der Hamas. In den vergangenen Wochen waren Hunderttausende Bewohner aus den Kampfgebieten im Norden nach Khan Younis geflüchtet. Israel hat am Freitag eine Karte veröffentlicht, die den Gazastreifen in nummerierte kleinteilige Bereiche aufteilt. Das Militär werde die Zivilbevölkerung jeweils rechtzeitig informieren, in welchen dieser Gebiete gekämpft werde, hieß es.

Am 30. November freigelassenen israelische Geiseln: Oben von links: die Geschwister Bilal und Aisha Ziyadne, Ilana Gritzewsky, Nili Margalit; unten: Shani Goren, Amit Soussana, Sapir Cohen, Mia Schem. Quelle: privat

Ein Hamas-Sprecher im Libanon behauptete, Israel habe erneute Gespräche über die Freilassung von Geiseln und die Entlassung palästinensischer Häftlinge abgelehnt. Die Regierung in Jerusalem entgegnete, die Hamas habe nicht wie vereinbart alle entführten Frauen und Kinder freigelassen. Derzeit befinden sich nach offiziellen Angaben noch 137 Israelis in der Gewalt der Terroristen, darunter 20 Frauen und zwei Kinder. Zehn der Geiseln sind 75 Jahre und älter. Die meisten, nämlich 126, sind Israelis und 11 sind Ausländer, darunter acht aus Thailand. Die Islamisten hatten bei ihrem Überraschungsangriff am 7. Oktober 240 Menschen verschleppt.

Viele Geiseln offenbar misshandelt

Angehörige von Freigelassenen berichteten israelischen Medien, dass Hamas-Kämpfer etliche Geiseln misshandelt und gefoltert hätten, darunter auch Jugendliche. Ein führender israelischer Arzt, der die aus dem Gazastreifen zurückgekehrten Geiseln behandelt, sagte, er habe “schwer zu ertragende” Berichte über ihre Erfahrungen in der Gefangenschaft gehört. “Die Menschen haben körperliche und seelische Qualen erlitten”, erklärte Dr. Itai Pessach, Direktor des Safra-Kinderkrankenhauses im Sheba Medical Center, auf einer Pressekonferenz. “Die Welt muss wissen, wie böse und grausam das Verhalten der Hamas ist.”
Terroranschlag in Jerusalem
Der israelische Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, wertete einen schweren Terroranschlag in Jerusalem ebenfalls als Bruch des Waffenstillstands. Zwei Araber, die sich zur Hamas bekannten, hatten am Donnerstag an einer Straßenbahnhaltestelle das Feuer auf Passanten eröffnet (Fokus Jerusalem berichtete). Im Kugelhagel starben eine 24-jährige schwangere Lehrerin, eine 60 Jahre alte Schulleiterin und ein Richter am rabbinischen Gerichtshof (73). Sechs weitere Passanten wurden zum Teil schwer verletzt. Die Attentäter, zwei Brüder aus Ostjerusalem, wurden von herbei eilenden Soldaten erschossen. Die töteten auch einen 37-jährigen Israeli, der mit seinem Auto angehalten hatte und den sie fälschlicherweise für einen Mittäter hielten.
Das Büro von Israels Regierungschef Netanjahu veröffentlichte eine Erklärung: „Die israelische Regierung will die Ziele des Krieges erreichen – die Freilassung der Geiseln, die Vernichtung der Hamas und sicherzustellen, dass der Gazastreifen nie wieder eine Bedrohung für das israelische Volk darstellen kann”.
Die Vereinten Nationen verurteilten die Fortsetzungen der Kampfhandlungen. Der UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk nannte sie „katastrophal“. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnte, der Gazastreifen könne es sich nicht leisten, weitere Krankenhauskapazitäten zu verlieren. Auch US-Präsident Joe Biden sowie Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warben für eine Fortsetzung der Feuerpause.

Titelbild: Rauchschwaden über Rafah im südlichen Gazastreifen nach einem israelischen Luftangriff. Foto: Abed Rahim Khatib/Flash90

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