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Israel erwägt inmitten des Gaza-Krieges die Rückkehr von Palästinensern ab 45 Jahren zur Arbeit

JERUSALEM, 16.01.2024 (NH) – Mit dem Ausbruch des Krieges zwischen Israel und der Hamas hat die israelische Regierung in einer einfachen Entscheidung beschlossen, keine palästinensischen Arbeiter nach Israel einreisen zu lassen. Seit dem 7. Oktober 2023 wurden Judäa und Samaria abgeriegelt und die Grenzübergänge geschlossen. Über 90.000 palästinensische Arbeiter, die nicht mehr in Israel einreisen dürfen, sitzen seit drei Monaten ohne Lebensunterhalt zu Hause. Den Arbeitern wird nur die Einreise für außergewöhnliche Grundbedürfnisse gestattet.

Arbeiter halfen bei Terrorinvasion

Tatsächlich hat sich die “Weltordnung und -anschauung” in Israel seit dem brutalen Terrorangriff der Hamas geändert. Palästinensische Fachkräfte aus Gaza, die in Israel arbeiteten, hatten bei der Beschaffung von detaillierten Informationen geholfen und aktiv die Vorbereitung der Hamas-Invasion am 7. Oktober unterstützt. Dazu mischte sich die  Angst, der Terror könne auch  im sogenannten Westjordanland erwachen und zu einem riesigen Flächenbrand mutieren. Der darauffolgende Beschluss, ein totales Einreiseverbot für palästinensische Arbeiter aus allen Bereichen zu erhängen, wurde zunächst als dringende Sicherheitsauflage bewertet.

Seitdem versucht der Staat, nicht mehr von palästinensischen Arbeitern abhängig zu sein. Gleich nach Ausbruch des Krieges entschloss das Kabinett, die Zahl ausländischer Wirtschafts-Arbeitskräfte zu erhöhen. Doch drei Monate nach Kriegsbeginn gibt es noch immer keinen Ersatz für fast 100.000 palästinensischen Arbeiter.

Kein Beschluss für Rückkehr der Arbeitskräfte

Seit Dezember diskutiert das Sicherheitskabinett die Rückkehr palästinensischer Arbeiter aus Judäa und Samaria, doch die Treffen enden stets ohne Beschluss. Zwar sprach sich das Verteidigungsestablishment, das israelische Militär und der inländische Geheimdienst nicht nur für die Rückkehr der Palästinenser, sondern auch für die Erhöhung der Arbeiterzahl aus, doch die israelische Polizei blockierte die Entscheidung. 

Die daraus resultierenden fehlenden Arbeitskräfte brachten den Bau- und Infrastruktursektor fast vollständig zum Erliegen. Vor dem 7. Oktober lag die Anzahl palästinensischer Arbeiter bei über 90.000. Seit Monaten haben eben diese Fachkräfte nicht mehr in Israel gearbeitet. Dazu kommt, dass viele israelische Bauherren und Auftragnehmer samt ihren Werkzeugen, beispielsweise Transporter, in den Reservedienst rekrutiert wurden. Die Hälfte der Baustellen in Israel sind daher lahmgelegt und die staatlichen Steuereinnahmen aus der Bauwirtschaft sinken stetig. Der Sektor berichtet über “irreversible Schäden” und stehe bereits jetzt am Rande eines finanziellen Zusammenbruchs.

Bauwirtschaft vor dem Zusammenbruch

Eran Siv, Vorsitzender des Bauunternehmer-Verbandes, erklärt, es gebe keinen Grund, nicht zumindest palästinensische Arbeiter über 45 Jahre aus dem sogenannten Westjordanland für den Bau- und Renovierungssektor nach Israel zu holen. Die Einreise solle nach einer Sicherheitsüberprüfung erfolgen. Eine Umfrage unter den Bauunternehmen in Israel bestätigt, dass 49% der Unternehmer sofort palästinensische Arbeiter über 45 Jahre einstellen würden.Die israelische Regierung will jetzt den Vorschlag des Vorsitzenden prüfen und ein Pilotprogramm für die Einreise palästinensischer Arbeitskräfte ab 45 Jahren erwägen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob die Rückkehr der palästinensischen Arbeiter ohne Proteste vonstattengehen wird. Die israelische Öffentlichkeit zeigt sich nach wie vor gespalten. Nach dem gestrigen Terrorattentat  in Ra’anana, bei dem zwei illegal nach Israel eingereiste Palästinenser aus dem sogenannten Westjordanland 18 Zivilisten verletzten und eine Frau töteten, lehnt nicht nur die Zivilbevölkerung, sondern auch viele Regierungsminister die Idee ab, Palästinenser in jeglichem Rahmen in das Landesinnere zurückzuschicken.

Titelbild: Israelische und palästinensische Arbeiter arbeiten im Juli vergangenen Jahres an einer neuen Brücke in der Stadt Huwara in Judäa und Samaria. Seit Kriegsbeginn fehlen über 90.000 palästinensische Arbeitskräfte. Foto: Nasser Ishtayeh/Flash90

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