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Trauer um Ulrich W. Sahm, eine der fundiertesten und kreativsten Stimmen Israels

von Tommy Mueller

JERUSALEM, 09.02.2024 – Israel hat eine wichtige Stimme verloren: Der bekannte Nahost-Korrespondent, Fernsehreporter und Buchautor Ulrich W. Sahm ist tot. Er starb im Alter von 73 Jahren in einem Krankenhaus in Bremen. Sahm hatte fünf Jahrzehnte als Journalist gearbeitet und einem Millionenpublikum den jüdischen Staat nahe gebracht. Er schrieb auch für „Fokus Jerusalem“ und wirkte in mehreren unserer TV-Sendungen mit.

Ulrich Sahms Jerusalemer Büro war legendär. Über eine spezielle Apparatur verfolgte er ein halbes Dutzend Fernsehsender gleichzeitig. Der kleine Raum war vollgestopft mit Büchern, Magazinen und ausgeschnittenen Zeitungsartikeln. Was für Außenstehende chaotisch wirkte, machte für ihn Sinn. Appelle zum Aufräumen betrachtete er als Angriffe auf sein persönliches Archiv.

Ein Teller Suppe mit Arafat

Er war ein engagierter, sachkundiger und gebildeter Journalist. Aber stets saß ihm der Schalk im Nacken, nichts und niemand war vor seinen Scherzen sicher. Einem Millionenpublikum wurde er als Korrespondent des Fernsehsenders n-tv bekannt. Er berichtete aus besagtem Büro. Hinter seinem Schreibtisch konnte er eine Leinwand herunter lassen, die den Felsendom zeigte. Davor saß er dann mit Jacket und Krawatte. Dazu trug er kurze Hosen, aber das war im Fernsehen nicht zu sehen.

Wer mit ihm unterwegs war, bekam erstaunliche Anekdoten zu hören. Ulrich Sahm kam den Mächtigen in der Region sehr nahe. Yassir Arafat nötigte ihn bei einem Besuch in Ramallah, mit ihm aus demselben Suppenteller zu essen…

Kochen und Archäologie

Sein oft beißender Spott war gefürchtet. Religiöse Fanatiker traf es am häufigsten, aber auch deutsche Politiker, die an Israel andere Maßstäbe anlegten als an andere Länder. Sein Hobby war das Kochen. Er verfügte über eine einzigartige Sammlung von Kochbüchern, schrieb selbst eines und stand oft und gern am Herd. Dort bereitete er „wundersa(h)me“ Gerichte zu.

Neben aktueller Politik befasste er sich gerne mit Archäologie. Ein Spaziergang mit ihm war immer aufschlussreich: Er referierte spontan und druckreif über die historischen Hintergründe von Gebäuden, Plätzen und Regionen. 

Ulrich Wilhelm Hermann Heinrich Sahm, so sein vollständiger Name, wurde 1950 als Sohn eines deutschen Diplomaten geboren. Er wuchs in London und Paris auf. Weitere Stationen der Familie waren Moskau und Ankara. Ulrich Sahm studierte in Deutschland evangelische Theologie, Judaistik und Lingustik und später an der Hebräischen Universität Jerusalem Hebräische Literatur. Danach berichtete er für verschiedene Medien in Deutschland, Österreich und der Schweiz aus Israel. Im Laufe der Jahrzehnte wurde er immer mehr zum Israeli und verteidigte engagiert die Positionen der einzigen Demokratie im Nahen Osten.

Gesundheitlich angeschlagen verließ er 2022 seine Wahlheimat Israel und zog zurück nach Deutschland, wo er von seiner Lebensgefährtin liebevoll betreut und gepflegt wurde.

Hier Beispiele seiner Arbeit für Fokus Jerusalem:

Ulrich Sahm wirkte auch in unserem Fernsehmagazin mit, beispielsweise hier:

Das Team von Fokus Jerusalem trauert um einen engagierten Journalisten, der mit Israel eng verbunden war und von dem wir viel gelernt haben. Wir werden Ulrich Sahm nie vergessen und befehlen ihn Gottes Güte an.

Titelbild: Ulrich W. Sahm in seinem legendären Jerusalemer Büro. Foto: Tommy Mueller / Fokus Jerusalem

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