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Aufschrei der Familien der Nova-Ermordeten: “Sie brachten mir eine Leiche im Sack, als würde ich eine Katze begraben”

JERUSALEM, 03.03.2024 (NH) – Fast fünf Monate versuchen die hinterbliebenen Familien der Opfer des Nova-Festivals in der Nähe des Kibbuz Re’im zu erfahren, was ihre verstorbenen Angehörigen in ihren letzten Momenten durchgemacht haben. Doch die Behörden und die Regierung schweigen. Die untragbare Situation wurden jetzt in einer Diskussion im Nationalen Sicherheitskomitee der Knesset durchleuchtet. Die Hinterbliebenen hoffen auf die Einrichtung eines Ausschusses, das ihnen Antworten geben könnte. Die Regierung versprach zwar wiederholt, die Unterstützung für die Familien auszuweiten, doch bis dato geschah nichts.

Familien fordern Gremium und Antworten

In einer Anhörung vor dem Nationalen Sicherheitskomitee, das von der Knessetabgeordneten Karin Elharar der Yesh Atid-Partei initiiert wurde, legten Angehörige der Nova-Ermordeten ihre Gefühle offen.  Die Familien berichten von einer untragbar schwierigen Situation – viele erzählen, wie sie an der Tragödie zerbrechen. Einige der Hinterbliebenen berichten von Suizidversuchen, andere wurden für psychologische Hilfe in Krankenhäuser eingeliefert. Jeder Tag, der vergeht und die Familien vergeblich auf Antworten hoffen, werde die Situation verschlimmern. Die Familien fordern ein Komitee unter der Führung eines Knessetabgeordneten, der sich für die Hinterbliebenen des Nova-Massakers engagiert. 

Viele Angehörige beklagen auch die mangelnde staatliche Unterstützung. Weiter gäbe es keine Institution im ganzen Land, das sich um die Familien kümmert. Angehörige berichten von hinterbliebenen Lebensgefährten, die jedoch keine Ehepartner sind – von verwaisten Jugendlichen, die über 18 Jahre sind, von Waisenkindern, deren Großeltern sich um sie kümmern – keiner der Trauernden werde vom Gesetz berücksichtigt.

“Leiche in einem Sack, als ob ich eine Katze begrabe”

Am 7. Oktober richteten Hamasterroristen fünfeinhalb Stunden ein Blutbad auf der Nova-Party an. 364 junge Männer und Frauen wurden ermordet, weitere 40 entführt. Die hinterbliebenen Angehörigen leiden unter den Schrecken, den ihre Kinder erlebt haben und unter der Ungewissheit, was genau in Re’im passiert ist. Hadar Golan, die Mutter von Ariel Biton, der auf dem Wüstenfestival ermordet wurde, fordert zu erfahren, wie ihr Sohn gestorben ist.  “Ich nenne es nicht die Nova-Katastrophe, sondern das Versäumnis von Nova. Das erste Versäumnis war, dass die Party von der Armee und der Polizei genehmigt wurde. Das zweite Versagen ist, dass sie so sterben gelassen wurden”, so Golan. “Angehörige begehen Selbstmord und ich bin auf dem Weg dorthin. Ich kann nicht mehr. Ich war im Krankenhaus, aber Tag für Tag wird es schwieriger”. Hadar Golan berichtet über die grausamen Momente vor der Beerdigung ihres 22–jährigen Sohnes: “Der größte Skandal war, dass sie mir die Leiche in einem Sack brachten, so als ob ich eine Katze begraben würde”.  Eti, Ariels Tante, fügte hinzu: “Der Satz ‘ein freies Volk in unserem Land zu sein’, endete am 7. Oktober. Wir verdienen grundlegende Antworten”. Eti berichtet, wie ihr toter Neffe drei Tage lang mit anderen Leichen auf dem Feld gelegen hat: “Sie warfen die Leichen wie Tiere dorthin. Sein Gesicht war purpurrot. Es ist schockierend.”

Hadas Shemel, die Schwester von Sharon Hirsch (46), die auch auf der Re’im-Feier ermordet wurde, berichtet: “Meine Schwester hat drei Kinder, für die ich jetzt verantwortlich bin. Wir haben das Gefühl, dass niemand etwas für uns tut. Wir werden behandelt, als wäre es ein “normales Ereignis”. Sharon war alleinerziehende Mutter. Sie lebte zusammen mit ihren drei Kindern Itai (22), Koren (19) und Noam (15) in Ramat Hasharon. Für Itai und Koren sieht das Gesetz keine finanzielle Unterstützung vor.

Bilder der Ermordeten des Nova-Festivals. 364 Menschen wurden während der Feierlichkeiten ermordet. Foto: Yonatan Sindel/Flash90

Hunderte von Fällen – Ermittlungen komplex

Polizeikommandeur Moti Schiff, Leiter der Ermittlungsabteilung von Lahav 433, einer israelischen Dachorganisation zur schweren Verbrechensbekämpfung innerhalb der israelischen Polizei, war ebenfalls bei der Knesset-Diskussion anwesend. Schiff erklärt, es handele sich bei dem Massaker des 7. Oktober um den “größten Kriminalfall der Geschichte Israels”. “Es ist sehr schwer, diese Dinge zu hören. Wir sprechen von Hunderten von Fällen und Tausenden von Mördern, daher sind die Ermittlungen sehr langwierig und komplex. Es wird viele Monate dauern, bis wir die Ermittlungen abschließen können”, so der Polizeikommandeur.

Liron Hess, stellvertretender Regierungsgeneraldirektor im Büro des Premierministers, versicherte, so schnell wie möglich einen Regierungsbeschluss zur Genehmigung staatlicher Unterstützungen für Überlebende und hinterbliebene Familiemitglieder des Nova-Festivals vorzulegen – bereits vorhandene Hilfspakete sollen ausgeweitet werden. Hess versprach, Regierungsmitarbeiter würden die bestehenden Lücken ausarbeiten, um auf die Bedürfnisse aller Hinterbliebenen einzugehen, die bis dato nicht berücksichtigt wurden.

Titelbild: Angehörige der Nova-Opfer fordern während eines Sonderausschusses für öffentliche Untersuchungen in der Knesset mehr Unterstützung und staatliche Anerkennung. Foto: Yonatan Sindel/Flash90

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