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Israel ist auf dem Weg zu Neuwahlen am 23. März

JERUSALEM, 22.12.2020 (TM) – Der Rettungsversuch ist gescheitert: Ein Gesetz, das die Auflösung des israelischen Parlaments und die vierten Wahlen innerhalb von zwei Jahren vermeiden sollte, hat keine Mehrheit erhalten. 47 Abgeordnete der Knesset stimmten in der Nacht zum Dienstag dafür, 49 dagegen. Weil kein gültiger Haushaltsplan verabschiedet wurde, löste sich die Knesset um Mitternacht automatisch auf. Die Neuwahl des Parlaments findet voraussichtlich am 23. März 2021 statt.
Krach zwischen Gantz und Netanjahu
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (Likud-Partei) und sein Stellvertreter, Verteidigungsminister Benny Gantz (Bündnis Blau-Weiß) gaben sich gegenseitig die Schuld am Scheitern der Regierung.
Netanjahu erklärte am Ende der Sitzung, dass er in den letzten Stunden versucht habe, zusätzliche Impfstoffe für Israel zu beschaffen. Die Bekämpfung des Virus sollte im Mittelpunkt stehen, nicht Neuwahlen. „Zu diesem Zeitpunkt hätten wir Kräfte vereinen müssen, um diese unnötigen Wahlen zu verhindern. Im letzten Moment trat Benny Gantz von unseren Vereinbarungen zurück“, so Netanjahu. Gantz hatte zuvor darauf hingewiesen, dass Netanjahu Koalitionsabsprachen missachtet habe. Viele israelische Medien sind der Meinung, Netanjahu habe die Wahlen absichtlich herbei geführt, um sein Amt als Regierungschef nicht nach der Hälfte der Amtszeit an Gantz abgeben zu müssen, wie dies im Koalitionsvertrag vereinbart war.
Neue Konkurrenz für Netanjahu
Meinungsumfragen zufolge wird Blau-Weiß bei den nächsten Wahlen massiv einbrechen. Die Prognosen sagen einen Absturz der Gantz-Partei von 33 auf nur noch 5 Sitze voraus – knapp über der Schwelle, die zum Einzug ins Parlament berechtigt. Netanjahus Likud käme nur noch auf 28 Sitze, verglichen mit den 36 Sitzen, die er im März gewonnen hat. Profitieren könnte dagegen der ehemalige Likud-Minister Gideon Sa’ar. Er hat sich von Netanjahu losgesagt und eine eigene Partei gegründet, die „Neue Hoffnung“. Sie käme sofort auf rund 20 Sitze. Sa’ars Aufstieg gefährdet Netanjahus erneute Machtübernahme. Mehrere Likud-Abgeordnete sind schon zu Sa‘ar „übergelaufen“ oder haben dies angekündigt. Zwar sagen alle Umfragen einen deutlichen Anstieg der Unterstützung für die Parteien der israelischen Rechten auf Kosten der Mitte-Links-Parteien voraus. Aber mit Gideon Sa‘aar und Naftali Bennett (Yamina-Partei, Prognose 14 Sitze) hat Netanjahu erstmals starke Konkurrenz aus dem rechten Parteienspektrum.
Netanjahu war von 1996 bis 1999 israelischer Regierungschef und hat dieses Amt nun seit 2009 inne – so lange wie noch kein anderer israelischer Politiker vor ihm. Der 71-jährige steht in der Kritik, weil ihn die Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsverdachts angeklagt hat. Netanjahu weist diese Vorwürfe zurück.

Bild: Regierungschef Benjamin Netanjahu (rechts) muss sich im kommenden Jahr Neuwahlen stellen. Foto: Oren Ben Hakoon / Pool

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