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Aufregung bei den internen Wahlen der größten Partei Israels

von Ulrich W. Sahm

JERUSALEM, 07.02.19 – Die größte Partei Israels, der Likud, hielt Stichwahlen ab, um die Listenplätze für die bevorstehenden Parlamentswahlen am 9. April festzulegen. Im Tel Aviver Ausstellungsgelände und an 113 anderen Orten im ganzen Land waren die Wahlurnen von 10 Uhr morgens bis 22 Uhr abends offen. Obgleich es am Abend regnete, war der Andrang bis zuletzt groß. Von 120.000 eingetragenen Parteimitgliedern hätten 57%, also etwa 70.000 Likud-Mitglieder, gewählt.

Netanjahu machte sich parteiintern unbeliebt

Die israelische Rechte bemüht sich, als geeinte Kraft hinter dem Regierungschef zu stehen. Doch am Wahltag herrschte wenig Harmonie. Netanjahu hatte große Aufregung ausgelöst, als er die Wähler aufgefordert hatte, unter keinen Umständen für den bekannten Likud-Abgeordneten und ehemaligen Minister Gideon Saar zu stimmen. Der Premierminister befürchte einen „Putsch“, falls Saar einen der führenden Plätze auf der Kandidatenliste erreichen sollte. Doch aufgrund der Popularität Saars, löste die „Wahlempfehlung“ erheblichen Unmut aus. In einem Rundfunkinterview hatte er behauptet, Netanjahus Nachfolger werden zu wollen, sollte dieser wegen der polizeilichen Ermittlungen angeklagt werden. Das war für den Regierungschef Grund genug, Saar „auszuschalten“.

Insgesamt 142 Kandidaten bewarben sich um die ersten 30 Plätze auf der Liste, denn es ist anzunehmen, dass der Likud bei den bevorstehenden Wahlen wieder 30 Sitze im Parlament gewinnt. Die Wahlzettel werden per Hand in Jerusalem ausgezählt. Auch die sonstigen Minister und 30 Abgeordneten der aufgelösten Knesset bangen um ihre politische Zukunft im stärksten politischen Lager Israels.

Die Arbeiterpartei wird nur noch knapp die Sperrklausel überwinden

In der restlichen politischen Landschaft sieht alles weiterhin eher chaotisch und verwirrend aus, solange sich nicht alle Parteien angemeldet und ihre Kandidatenlisten eingereicht haben. Viel Aufmerksamkeit erhält weiterhin der ehemalige Generalstabschef Benny Gantz. Nachdem er sich aufgestellt hatte, sagten ihm die Umfragen auf einen Schlag 8% vorher. Er wurde schon als ernsthafter Herausforderer des Premierministers Netanjahu gefeiert, obgleich er bis heute nicht verraten hat, ob er sich als „rechts“ oder „links“ einordnet und wie er zu politischen Streitfragen wie Siedlungspolitik, Zweistaatenlösung oder Friedensprozess mit den Palästinensern steht. Inzwischen gab es starke innenpolitische Bewegungen. Yair Lapid, Vorsitzender von „Es gibt eine Zukunft“, der zweitgrößten Partei in der Knesset, ist in der Wählergunst auf eine einstellige Prozentzahl gesunken.

Im linksgerichteten Lager sieht es so aus, als werde die Arbeitspartei mit dem wenig populären Avi Gabay an der Spitze nur noch knapp die Sperrklausel von 3,25% überwinden. Zipi Livni, die einst mit „Kadima“ die größte Partei Israels anführte, aber seitdem nur noch gescheitert ist, will sich ganz aus der Politik ins Privatleben zurückziehen.

Foto: Mitglieder der Partei Likud an den Wahlurnen. Quelle: Hadas Parush/Flash90

 

 

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